Willkommen auf der Homepage von AntiBilanz.Info
Diese Website ist der Antibilanzkonzeption gewidmet - einer betriebswirtschaftlichen Theorie, welche Bilanzen zwar als rechtliches Erfordernis akzeptiert, ihnen allerdings jegliche wirtschaftliche Aussagekraft aberkennt.
Diese Website wird von Franz Hörmann laufend betreut.
Die hier geäußerten Ansichten sind, wenn nicht anders zitiert, stets die persönlichen Meinungen des obgenannten Autors, werden jedoch in jedem Fall begründet und zur Diskussion gestellt.
[Last Update: 20.03.2019]
Diese Website ist der Antibilanzkonzeption gewidmet - einer betriebswirtschaftlichen Theorie, welche Bilanzen zwar als rechtliches Erfordernis akzeptiert, ihnen allerdings jegliche wirtschaftliche Aussagekraft aberkennt.
Diese Website wird von Franz Hörmann laufend betreut.
Die hier geäußerten Ansichten sind, wenn nicht anders zitiert, stets die persönlichen Meinungen des obgenannten Autors, werden jedoch in jedem Fall begründet und zur Diskussion gestellt.
[Last Update: 20.03.2019]
WELTSENSATION AUS ÖSTERREICH - BILANZEN MATHEMATISCH WIDERLEGT:
Bilanzen sind mathematisch gesprochen "unvollständige Funktionen", da Unternehmen über ein "verborgenes Gedächtnis" verfügen, wie Angebote, Finanzpläne, Budgets etc., welche NICHT dem Kapitalmarkt publiziert werden, sehr wohl aber das Entscheidungsverhalten der Vorstände beeinflussen. Widerlegt ist die Behauptung Bilanzen würden für den Leser (den "Bilanzadressaten") sinnvolle Informationen beinhalten. Der Leser kann zwischen der Bilanz und der Vorjahresbilanz ein und desselben Unternehmens weder Kausalität erkennen noch daraus Prognosen ableiten.
Die Widerlegung beruht auf dem Gedankenmodell der "nicht-trivialen Maschine" von Heinz von Foerster.
Bei nicht-trivialen Maschinen kann von außen keine Kausalität erkannt und es können keine Prognosen erstellt werden!
Details enthalten die nachfolgenden beiden Dateien:
Bilanzen sind mathematisch gesprochen "unvollständige Funktionen", da Unternehmen über ein "verborgenes Gedächtnis" verfügen, wie Angebote, Finanzpläne, Budgets etc., welche NICHT dem Kapitalmarkt publiziert werden, sehr wohl aber das Entscheidungsverhalten der Vorstände beeinflussen. Widerlegt ist die Behauptung Bilanzen würden für den Leser (den "Bilanzadressaten") sinnvolle Informationen beinhalten. Der Leser kann zwischen der Bilanz und der Vorjahresbilanz ein und desselben Unternehmens weder Kausalität erkennen noch daraus Prognosen ableiten.
Die Widerlegung beruht auf dem Gedankenmodell der "nicht-trivialen Maschine" von Heinz von Foerster.
Bei nicht-trivialen Maschinen kann von außen keine Kausalität erkannt und es können keine Prognosen erstellt werden!
Details enthalten die nachfolgenden beiden Dateien:
Die einzige "Bilanzfunktion" ist somit jene der Manipulation der Leser insbesondere der Richter um Eigentümer und Topmanager vor rechtlichen Konsequenzen zu bewahren!
|
|
Einleitung und Inhalte
1. Einleitung
Motivation und Anlass
Die sog. Wirtschaftskrise hält zurzeit Politik und Medien im Griff. Kein Tag vergeht, ohne dass neue, mitunter schockierende oder unglaubliche Meldungen die Öffentlichkeit erreichen. Geldbeträge, die zur Rettung eines nicht näher umschriebenen „Finanzsystems“ angeblich nötig sind, wachsen scheinbar grenzenlos, während zugleich in der Realwirtschaft „gespart“ wird, d.h. für Bildung, Gesundheit, Soziales etc. stehen angeblich keine Mittel zur Verfügung. Weder die Bevölkerung noch die einzelnen Politiker verstehen wirklich, warum mehrstellige Milliardenbeträge, die aus Staatsschulden finanziert werden (also Geld wird ausgegeben, das noch gar nicht existiert und von zukünftigen SteuerzahlerInnen erst aufgebracht werden muss) zwar sinnvoll und segensreich sein sollen, zugleich aber die große Mehrheit der Bevölkerung sich sparsam gerieren und „den Gürtel enger schnallen“ soll.
Die Vertreter der dafür eigentlich zuständigen (Wirtschafts-)Wissenschaften verhalten sich auffällig ruhig und glänzen in der Öffentlichkeit überwiegend durch Abwesenheit. Während die Leiter unterschiedlicher Wirtschaftsforschungsinstitute sich abwechselnd mit negativen Prognosen überbieten (und dafür dann prompt von Politikern gerügt werden), ist in der offiziellen Wissenschaft die Krise offenbar überhaupt noch nicht angekommen: an den Lehrstühlen werden nach wie vor jene Methoden unterrichtet, deren unreflektierte Anwendung für diese Entwicklung verantwortlich war, weder Lehrpläne noch Lehrbücher zeigen auch nur die leiseste Veränderung und auch die Prüfungsinhalte bleiben unverändert doktrinär und starr. Wenn je ein Beweis dafür nötig gewesen wäre, dass unsere heutigen Bildungssysteme als Hort der politisch unterstützten Selbstbereicherung Einzelner und gesellschaftlicher Untergruppen ihre eigentliche Funktion längst nicht mehr erfüllen, so ist er damit wohl erbracht!
Die „Speerspitzen des Querdenkens“ in den etablierten Wirtschaftswissenschaften wagen es gerade eben, leise die Rationalität des wirtschaftlichen Denkens zu hinterfragen, indem sie ganz vorsichtig auf die bereits von Keynes erwähnten „animal spirits“ verweisen! Selbst dieser vorsichtige Hinweis darauf, dass grundlegende Annahmen dieser sog. Wissenschaft wohl nicht fundiert sind, erfolgt daher unter Zitierung vergangener fachlicher Größen und nach wie vor innerhalb des offiziell sanktionierten Denkrahmens der einschlägigen Zunft.
Die AutorInnen dieses Werks beschreiten hingegen einen völlig anderen Weg: Zunächst weisen wir nach, dass die zentralen Fundamente der sog. Wirtschaftswissenschaften bereits seit mehreren Jahrzehnten (u.U. sogar Jahrhunderten) nichts mit dem üblicherweise gängigen Begriff der Wissenschaft gemein haben. Wissenschaftliche Theorien müssen gemäß Popper falsifizierbar formuliert werden, d.h. ihre syntaktische Form muss eine inhaltliche Widerlegung ermöglichen. Rein normative Aussagen, wie etwa die Feststellung, dass Bilanzen dann „wahr“ seien, wenn ihre Erstellung im Einklang mit den dafür bestehenden gesetzlichen Regeln erfolgt ist, können daher ganz klar diese Forderung nicht erfüllen und stehen damit auch außerhalb jeglicher Form von Wissenschaft. Ganz offensichtlich wird dieses Faktum, wenn man bedenkt, dass genau jene Berufsstände, die alleine in Form ihrer Honorare von der Erstellung und Prüfung dieser fragwürdigen Artefakte profitieren, es sind, die sich diese Regeln (im Rahmen des sog. Private Standard Setting, also einer undemokratischen, privatisierten Gesetzgebung) selbst ausdenken!
Wie soll ein Wahrheitsbegriff jemals inhaltlich überprüft werden, wenn seine Essenz darin besteht, dass man sich einfach an Regeln hält, die eine Interessensgruppe selbst erfunden hat? Diese Form von Wahrheit geht nicht von der Darstellung einer (wie auch immer definierten) äußeren Realität aus (welche ebenfalls von uns hinterfragt werden wird), sondern erschöpft sich einfach in der Einhaltung bestimmter, inhaltlich sakrosankter und ursprünglich aus dem Mittelalter entstammender Regeln. Dass Fragen nach der Mindesthöhe von Eigenkapital, dem damit angeblich zusammenhängenden Fortbestand von Unternehmen und davon weiter abhängenden Arbeitsplätzen somit weder für Experten noch für Politiker lösbar sind, ist daher unmittelbar einsichtig. Interessengeleitete Lobbies haben seit Jahrzehnten die Gesetzgebung missbraucht (zuletzt mittels Private Standard Setting sogar vor den Augen der Öffentlichkeit privatisiert!) und bluffen seitdem Rechtsprechung und Politik mit unwissenschaftlichen, mittelalterlichen Phrasen (Eigenkapital, Fortbestand, Standortvorteil etc.). Der Umstand, dass diese Praktiken in der eigenen Wissenschaft seit Jahrzehnten widerlegt sind, ist dabei kein Hindernis, da in der Boomphase der politischen Illusion man jederzeit unter Verweis auf das scheinbare „Funktionieren“ dieser untauglichen Methoden die lästigen Kritiker totschweigen konnte. Die von diesen jedoch präzise vorhergesagte Krise, deren eigentliche Bedeutung als finale Systemkrise auch heute noch von den Mitgliedern dieser gesellschaftlichen Kleingruppen hartnäckig verkannt wird, muss jedoch dazu führen, dass die tieferen Ursachen der nun unumkehrbar einsetzenden Entwicklung offengelegt und an breiteste Kreise in Politik und Bevölkerung kommuniziert werden.
Der unvermeidliche Paradigmenwechsel, dem das System der sog. freien Marktwirtschaft (früher „Finanzkapitalismus“) nunmehr entgegengeht, ist nämlich nur aus Sicht dieser kleinen gesellschaftlichen Minderheit eine Krise, welche ihr Einkommen und ihren Status genau aus den wissenschaftlich völlig unsinnigen Mechanismen ableiten, welche zu dieser Entwicklung geführt haben. Für die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft stellt der Zusammenbruch dieses politischen Systems hingegen eine unglaubliche Chance dar, die Entwicklung der Menschheit erstmals auf ein auf wissenschaftlichen Grundsätzen basierendes Fundament zu stellen, welches im Kern auf nachhaltige, friedvolle Entfaltung des ganzen menschlichen Potentials bei maximaler persönlicher Freiheit in Respekt und Würde abzielt, ohne dabei in die Falle politischer oder religiöser Ideologien zu geraten.
Die zentrale Grundhaltung der in dieser Schrift versammelten AutorInnen stellt die Philosophie des Konstruktivismus dar. Jeder Mensch erschafft durch seine Biografie und seine persönliche Erfahrung eine einzigartige Wirklichkeit. Jede dieser subjektiven Wirklichkeiten ist gleichberechtigt und existiert völlig unabhängig von anderen, individuellen Wirklichkeiten und unabhängig selbst von der Existenz einer objektiven Realität, welche gleichwohl auch niemals letztgültig bewiesen werden kann. Aus dieser Geisteshaltung erhellt, dass aus den widersprüchlichen Aussagen zweier Personen „X gehört zur Klasse A“ sowie „X gehört zur Klasse B“ niemals ein Konflikt (als Streit um die „objektive Wahrheit“ verstanden) entstehen kann. Beide reden nämlich nicht über „die Wirklichkeit“ sondern bloß über ihre jeweils persönlichen Wirklichkeiten als Ergebnis ihrer höchst individuellen Wahrnehmung. Wenn die beiden Personen in Zukunft friedvoll gemeinsam leben (ko-existieren und ko-evoluieren) wollen, dann liegt die Antwort ganz offensichtlich nicht im Krieg um die einzig objektive Wirklichkeit („X ist A“ oder „X ist B“) sondern in der gemeinsam erschaffenen, neuen Wirklichkeit „X gehört zur Klasse C“, in welcher die Klasse C kooperativ gemeinsam definiert (ko-konstruiert) wird.
Methode
Die ganzheitliche Sichtweise offenbart nicht nur Mängel innerhalb einer (ohnehin längst fragwürdigen) Wissenschaft, sondern v.a. auch den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Gesellschaftssystem. In der freien Marktwirtschaft wurde der Einfluss der Religion durch die Macht der Wissenschaft ersetzt. Die Spitze der Gesellschaftspyramide legitimiert ihre Privilegien gegenüber der Basis nunmehr nicht durch den Verweis auf göttliche Anordnungen sondern durch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft, welche es angeblich gestattet objektiv (für jeden nachvollziehbar) Kausalitäten darzustellen und damit auch Prognosen zukünftiger Entwicklungen zu erstellen und diese dann planvoll und zum Vorteil aller zu steuern.
Nach wie vor werden gesellschaftliche Entwicklungen in den freien Marktwirtschaften von den Angehörigen einer finanziellen Elite entschieden und gelenkt. Den Führungsanspruch innerhalb der Gesellschaft konnte diese Kleingruppe nur legitimieren (und zwar genau im Wortsinn, d.h. durch die Erschaffung der dazu passenden Gesetze), wenn sie in der Öffentlichkeit den Eindruck erzeugen konnte, diese Führungsrolle basiere auf wissenschaftlicher Erkenntnis. Die wahre Ursache ihrer gesellschaftlichen Macht beruht jedoch auf drei historisch gewachsenen, sozialen Regeln (die wie alle sozialen Regeln in demokratischer Weise, also durch Mehrheitsbeschluss, jederzeit veränderbar sind): dem Finanzeigentum an Unternehmen, dem Zinseszinssystem und der asymmetrischen Erbschaft.
Unternehmen werden in der freien Marktwirtschaft nach wie vor wie tote Dinge dargestellt, welche einen finanziellen Wert repräsentieren würden (= Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden an einem Stichtag). Eigentumsansprüche lassen sich nur über tote Materie erheben, niemals hingegen gegenüber autonomen Lebewesen, welche über einen freien Willen verfügen. Soll ein Eigentumsanspruch über ein Lebewesen tatsächlich durchgesetzt werden, so gibt es dafür nur eine Möglichkeit: es muss getötet werden.
Werden Unternehmen modellhaft also nicht als tote Materie sondern als lebendige Systeme (dynamische Prozessketten oder aber soziale Netze) dargestellt, so bietet dies zwar ungeahnte Möglichkeiten, sie funktionieren dann wesentlich besser, offene und ehrliche Echtzeitkommunikation wird möglich, die Reibungsverluste der Bürokratie verschwinden, alle involvierten Personen können ihre tatsächlichen Bedürfnisse äußern und werden damit wieder motiviert und kreativ – der einzige Nachteil jedoch ist der, dass dann ein rein finanziell begründetes Eigentum (i.S. eines externen Shareholders, der sein Eigentum durch Kauf von Anteilen am Kapitalmarkt begründet) nicht mehr funktioniert. Dieser Shareholder ist für alle in die Unternehmensprozesse Involvierten (Stakeholder) nur ein Störenfried und Parasit. Er setzt diejenigen Stakeholder, welche durch persönliche Fähigkeiten und Leistungen tatsächlich etwas bewirken durch absurde Berichtsanforderungen und finanzielle Ansprüche unter Druck und verhindert durch Gewinnvorgaben und Bürokratie, dass qualitativ hochwertige Güter und Dienstleistungen zu kundengerechten Preisen überhaupt noch erbracht werden können. Verglichen wird die Rendite dieser missbrauchten Sozialstrukturen dann mit behaupteten Erträgen der toten Materie (zinstragende Wertpapiere). Dahinter stehen absurde, rechtsgültige Verträge, in denen Rückzahlungen und Verzinsungen von Kreditbeträgen gefordert werden, welche von den damit in Zukunft erwirtschafteten Erträgen völlig unabhängig sind (fixe oder variable, gewinnunabhängige Verzinsung des Fremdkapitals). Da die Kreditgeber sich im Zuge dieser Verträge regelmäßig auch noch dingliche Sicherheiten überschreiben lassen, wird damit das Ausfallsrisiko komplett auf den Kreditnehmer überwälzt, wirtschaftlich schwierige Perioden entarten damit einfach zu rechtlich abgesicherten Enteignungswellen, wie sie auch gerade jetzt wieder aufwogen. Die angeblich als Risikoabgeltung geforderten Zinsen des Kreditgebers sind dadurch als politische Lüge enttarnt und keinesfalls als wissenschaftlich fundierte Vorgangsweise!
Die asymmetrische Erbschaft hingegen stellt jenen einfachen sozialen Mechanismus dar, wonach man sich im Falle von Schulden der Erbschaft entschlagen kann. Wenn positive Vermögen vererbt werden, Schulden aber nicht (und zwar über mehrere Generationen als Sippenhaftung!), dann genügt bereits diese einfache Regel (verschärft durch das unsinnige und gefährliche Zinseszinssystem), um im Laufe der Zeit immer mehr Vermögen in immer weniger Familien kumulieren zu lassen. Menschen, die nun aber in Familien hineingeboren werden, in welchen bereits seit Generationen durch finanzielles Unternehmenseigentum, Zinseszins und asymmetrische Erbschaft Vermögen kumuliert wurde, empfinden diese Umstände als völlig normal! Sie sehen darin weder persönliche Schuld (die streng genommen natürlich auch nicht vorliegt!), noch überhaupt einen gesellschaftlichen Defekt, da diese Mechanismen für sie selbst, ihre Verwandten und idR. auch den Großteil ihres sozialen Umfelds immer nur positive Effekte hervorbrachten. Zur Erklärung der wirtschaftlichen Notlage in anderen gesellschaftlichen Ecken werden dann eben antiquierte Legenden (charakterliche Fehler, mangelnder Leistungswille, genetische Defekte bis hin zu Rassismus etc.) strapaziert, welche sich, wenn man nur die richtigen Wissenschaftler auswählt, natürlich auch immer „wissenschaftlich erklären“ lassen, zumal diese Personenkreise letztlich auch darüber entscheiden, welche Universitäten und Lehrstühle errichtet und finanziert werden. Wissenschaftler, welche mit Personen dieser Gesellschaftsschicht kommunizieren müssen, wandeln dabei auf schmalem Grat. Sie müssen mitunter Erkenntnisse der eigenen Disziplin mental ausblenden, um die gesellschaftlichen Vorurteile ihrer eigenen Geldgeber zu respektieren. Sollten sie sich hingegen in ihren Veröffentlichungen jemals allzu offen gegen die gesellschaftlichen Vorurteile und daraus resultierenden Machtinteressen ihrer Förderer (die zu ihrem eigenen Schutz zumeist auch anonym bleiben, dadurch aber eine psychologisch nur umso größere Macht entfalten!) stellen, so setzen diese Wissenschaftler damit zumeist ihrer Laufbahn ein vorzeitiges Ende, wobei die „Exekution“ durch ihre eigenen Fachkollegen, die „dem Kapital zu Dienste“ sind, umgehend erfolgt, sodass auch in der Öffentlichkeit einfach der Eindruck eines im Detail nicht wirklich nachvollziehbaren wissenschaftlichen Methodenstreits entsteht und keinerlei Verbindung zu den „Interessen des Kapitals“ sichtbar wird.
Als kleiner Hinweis für die Öffentlichkeit können hier lediglich die Publikationen jener weniger Wissenschaftler dienen, welche kurz vor oder nach ihrer eigenen Emeritierung oftmals zum großen Erstaunen ihrer Fachkollegen diametral die Stoßrichtung ändern und ganz plötzlich gegen ihre früher selbst vertretenen Standpunkte argumentieren.
Bildungssystem, Wissenschaft und Wirtschaft sind selbst wiederum nur Teilsysteme des menschlichen Gesellschaftssystems. Sie beeinflussen sich wechselseitig und sind keinesfalls voneinander unabhängig. Zusätzlich wird ihre Dynamik aber auch von der psychologischen Grundhaltung der Menschen tangiert. Die geistigen Fähigkeiten der Menschen (unabhängig von ihrem formalen Bildungsgrad!) bleiben ebenfalls nicht konstant, sondern entwickeln sich auf eine Art und in eine Richtung, welche auch den damit befassten Spezialwissenschaftlern noch nicht ganz klar ist. Sicher ist jedoch, dass die Bevölkerung des 19. oder 20. Jahrhunderts (u.a. auch aus Gründen der Informationsinfrastruktur) auf Entwicklungen und Ereignisse völlig anders reagierte als jene des 21. Jahrhunderts. Diese Erkenntnis beunruhigt nun viele Politiker, denn das bedeutet, dass die Bevölkerung nicht berechenbar und lenkbar ist (was sie auch in der Vergangenheit nur bedingt war, durch monopolisierte Medien und Propaganda aber gezielt gemacht werden konnte!).
In dieser Zeit steigender Unsicherheit, des Versagens der Pläne und Prognosen, des Zusammenbruchs jener historischen Strukturen, die für Bevölkerung und Politik durch mehrere Jahrhunderte hindurch aber die Illusion von Beständigkeit, Berechenbarkeit und Steuerbarkeit aufrecht erhalten konnten, ist es das Ziel der vorliegenden Publikation, den von der Veränderung Betroffenen (Bevölkerung und Politikern) Wege aufzuzeigen, wie die auf sie zukommende Transformation mit minimalem Leid durchlebt werden kann!
Inhalte
Die vorliegende Anthologie versucht durch unterschiedliche Perspektiven auf die stattfindende Entwicklung „subjektive Wirklichkeiten“ im Sinne des Konstruktivismus anzubieten. Verantwortungsträger in Wirtschaft und Politik sind aufgerufen sich mit den hier präsentierten Hypothesen vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen auseinanderzusetzen und zu überlegen, ob eine sich selbst steuernde Gesellschaft, im Stadium der Autopoese (Selbsterschaffung) verhindert werden sollte bzw. welches der Preis für die Bewahrung der Hierarchien wäre. Bürgerinnen und Bürger hingegen sollten in diesen Veränderungen die Selbstverpflichtung zur permanenten Fort- und Persönlichkeitsbildung erkennen um ihre besten Fähigkeiten dem Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.
Im ersten Abschnitt versucht Franz Hörmann die tieferen Ursachen der sog. Finanz- bzw. Wirtschaftskrise aus wissenschaftlicher Sicht aufzuzeigen. Die von ihm skizzierten Mängel sind in der Fachwelt lange erkannt und publiziert wurden und werden aber ebenso lange totgeschwiegen, da mächtige gesellschaftliche Interessengruppen meinten ihren Interessen besser zu dienen indem sie sich selbst und ihre Mitmenschen bewusst belügen. Wenn die menschliche Gesellschaft als globales neuronales Netz betrachtet wird, in dem jede einzelne Person einen Knoten repräsentiert, dann zerbrechen die hierarchischen Systeme und die Gesellschaft formt sich gerade neu als sog. Heterarchie (d.h. flexibler, nicht starr und eindeutig top down strukturierter Entscheidungsorganismus). Die Hierarchien werden, da neuronale Netze ihre eigenen Gesetze erzeugen, verschwinden und durch eine nachhaltige, sich selbst erschaffende Entscheidungsstruktur ersetzt. Nur wenn der gerade stattfindende Veränderungsprozess so von Entscheidungsträgern und Bevölkerung so verstanden wird, können wir Panik vermeiden und die Krise wird zur Chance zum demokratischen Multiparadigmenwechsel.
Im zweiten Teil des Werks versucht Herbert R. Haeseler eine Ursachenanalyse für eine mehrdimensionale Wirtschaftskrise. Nach der Darstellung der absehbar negativen Folgen desShareholder Value-Denkens werden die Probleme Vertrauensmanagement und Corporate Governance aufgegriffen. Auch die Kontrollinstanzen Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer unterliefen in der Vergangenheit eher kosmetische Reformen, da nachweislich bereits die Grundannahmen für ihre taugliche Funktion heute als widerlegt gelten müssen. Die Institution der Bank wird ebenfalls hinterfragt und es wird gezeigt, welche auslösenden Gründe hinter den hier entstandenen Problemen erkannt werden müssen. Abschließend wendet sich der Autor dem österreichischen Steuersystem zu, welches in der Vergangenheit ebenfalls von Interessensgruppen instrumentalisiert wurde.
Christian Fichtenbauer weist in seinem Beitrag die Grenzen heutiger mathematischer Modelle in der Wirtschaft nach. Der Begriff der Wahrheit ist (zeitlich wie perspektivisch) in Kommunikationsprozessen immer relativ. Das starre Festhalten an der zweiwertigen Logik entartet zum Dogma und kann in der weltweiten Vernetzung nicht mehr funktionieren. Auch die in derUnternehmensbewertung verwendeten mathematischen Ansätze sind nachweislich untauglich, da sie die Vernetzung der Unternehmen selbst nicht berücksichtigen. Der Shareholder Value-Ansatz kann wird zu immer größeren Problemen führen, je mehr Unternehmensleitungen versuchen ihn umzusetzen. Menschliche Kooperation funktioniert schon seit Jahrtausenden erfolgreich, harmonisch und ohne Zwang und mittels Selbststeuerung in Echtzeit: im Orchester und im Tanz. Rhythmus und Harmoniesollten daher auch im Mittelpunkt der Produktionsprozesse stehen. Da musikalischer Geschmack aber nicht verordnet werden kann, ist die zentrale Steuerung auch in der Wirtschaft eine (schädliche) politische Illusion!
Die nachfolgenden Überlegungen zur langfristigen Entwicklung der Schulden und Einkommenvon Erhard Glötzl berücksichtigen die begrenzte Geldmenge sowie den eigentümlichen Vorgang derGeldentstehung als Schuld und weisen auf mathematischer Grundlage nach, dass Wachstum von Geldvermögen ohne gegengleiches Schuldenwachstum im aktuellen politischen System unmöglich ist. Da die Verschuldung aber ver(zinses)zinst ist, folgt daraus zunächst der allseits bekannte Wachstumsdruck. Langfristig muss aber ein Wirtschaftssystem, in dem die Geldvermögen und Schulden durch den Zinseszins exponentiell, die realen Produktionsmengen aber nur linearwachsen zusammenbrechen. Dies hat es in der Vergangenheit in periodischen Zyklen stets getan und auch heute erleben wir gerade diese Phase der Entwicklung. Der Autor präsentiert auch einigeVorschläge für die Politik, durch welche (mutigen!) Änderungen hier Abhilfe geschaffen werden könnte.
Eva Gatarik präsentiert sodann Gedanken zur Modellierung von Wissen. Sie weist überzeugend nach, dass auch unsere heute übliche Vorstellung von Wissenschaft nicht die einzig mögliche und sicherlich nicht die optimale ist. In der tagespolitischen Diskussion wie im Wirtschaftsleben werden dieBegriffe Information und Wissen oftmals nicht exakt unterschieden oder sogar als austauschbare Äquivalente missverstanden. Der Wissensbegriff lebt aber von seiner Verwendung. Wissen als Beschreibung und Wissen als Erklärung sind grundsätzlich verschiedene Dinge. Auch dasSpannungsfeld zwischen Alltag und Wissenschaft wird heute noch zu wenig thematisiert und ist es wert, gründlich reflektiert und demokratisch neu gestaltet zu werden.
Den Abschluss bildet der Vorschlag von Rainer Born und Eva Gatarik für ein neues, wissenschaftlich fundiertes Führungskonzept: vom Sharing Expertise zum Sharing Fate. Nach der Analyse des heute praktizierten Managementparadigmas wird dazu ein neuer, die aktuellsten Erkenntnisse des Wissensmanagement berücksichtigender Ansatz präsentiert. Wissen existiert in unterschiedlichen Ausprägungen und verschiedenen Situationen. Alle diese Wissensarten müssen in der (Wirtschafts-)Praxis harmonisch zusammenwirken. Die Überbetonung (und Überbelohnung!) des in den höheren Bildungsstätten formal vermittelten theoretischen Wissens zerstört die nachhaltige Funktion der ökonomischen Versorgungsnetze ebenso wie ein tabuisiertes, aus mittelalterlichem Betrug hervorgegangenes Geldsystem!
1. Einleitung
Motivation und Anlass
Die sog. Wirtschaftskrise hält zurzeit Politik und Medien im Griff. Kein Tag vergeht, ohne dass neue, mitunter schockierende oder unglaubliche Meldungen die Öffentlichkeit erreichen. Geldbeträge, die zur Rettung eines nicht näher umschriebenen „Finanzsystems“ angeblich nötig sind, wachsen scheinbar grenzenlos, während zugleich in der Realwirtschaft „gespart“ wird, d.h. für Bildung, Gesundheit, Soziales etc. stehen angeblich keine Mittel zur Verfügung. Weder die Bevölkerung noch die einzelnen Politiker verstehen wirklich, warum mehrstellige Milliardenbeträge, die aus Staatsschulden finanziert werden (also Geld wird ausgegeben, das noch gar nicht existiert und von zukünftigen SteuerzahlerInnen erst aufgebracht werden muss) zwar sinnvoll und segensreich sein sollen, zugleich aber die große Mehrheit der Bevölkerung sich sparsam gerieren und „den Gürtel enger schnallen“ soll.
Die Vertreter der dafür eigentlich zuständigen (Wirtschafts-)Wissenschaften verhalten sich auffällig ruhig und glänzen in der Öffentlichkeit überwiegend durch Abwesenheit. Während die Leiter unterschiedlicher Wirtschaftsforschungsinstitute sich abwechselnd mit negativen Prognosen überbieten (und dafür dann prompt von Politikern gerügt werden), ist in der offiziellen Wissenschaft die Krise offenbar überhaupt noch nicht angekommen: an den Lehrstühlen werden nach wie vor jene Methoden unterrichtet, deren unreflektierte Anwendung für diese Entwicklung verantwortlich war, weder Lehrpläne noch Lehrbücher zeigen auch nur die leiseste Veränderung und auch die Prüfungsinhalte bleiben unverändert doktrinär und starr. Wenn je ein Beweis dafür nötig gewesen wäre, dass unsere heutigen Bildungssysteme als Hort der politisch unterstützten Selbstbereicherung Einzelner und gesellschaftlicher Untergruppen ihre eigentliche Funktion längst nicht mehr erfüllen, so ist er damit wohl erbracht!
Die „Speerspitzen des Querdenkens“ in den etablierten Wirtschaftswissenschaften wagen es gerade eben, leise die Rationalität des wirtschaftlichen Denkens zu hinterfragen, indem sie ganz vorsichtig auf die bereits von Keynes erwähnten „animal spirits“ verweisen! Selbst dieser vorsichtige Hinweis darauf, dass grundlegende Annahmen dieser sog. Wissenschaft wohl nicht fundiert sind, erfolgt daher unter Zitierung vergangener fachlicher Größen und nach wie vor innerhalb des offiziell sanktionierten Denkrahmens der einschlägigen Zunft.
Die AutorInnen dieses Werks beschreiten hingegen einen völlig anderen Weg: Zunächst weisen wir nach, dass die zentralen Fundamente der sog. Wirtschaftswissenschaften bereits seit mehreren Jahrzehnten (u.U. sogar Jahrhunderten) nichts mit dem üblicherweise gängigen Begriff der Wissenschaft gemein haben. Wissenschaftliche Theorien müssen gemäß Popper falsifizierbar formuliert werden, d.h. ihre syntaktische Form muss eine inhaltliche Widerlegung ermöglichen. Rein normative Aussagen, wie etwa die Feststellung, dass Bilanzen dann „wahr“ seien, wenn ihre Erstellung im Einklang mit den dafür bestehenden gesetzlichen Regeln erfolgt ist, können daher ganz klar diese Forderung nicht erfüllen und stehen damit auch außerhalb jeglicher Form von Wissenschaft. Ganz offensichtlich wird dieses Faktum, wenn man bedenkt, dass genau jene Berufsstände, die alleine in Form ihrer Honorare von der Erstellung und Prüfung dieser fragwürdigen Artefakte profitieren, es sind, die sich diese Regeln (im Rahmen des sog. Private Standard Setting, also einer undemokratischen, privatisierten Gesetzgebung) selbst ausdenken!
Wie soll ein Wahrheitsbegriff jemals inhaltlich überprüft werden, wenn seine Essenz darin besteht, dass man sich einfach an Regeln hält, die eine Interessensgruppe selbst erfunden hat? Diese Form von Wahrheit geht nicht von der Darstellung einer (wie auch immer definierten) äußeren Realität aus (welche ebenfalls von uns hinterfragt werden wird), sondern erschöpft sich einfach in der Einhaltung bestimmter, inhaltlich sakrosankter und ursprünglich aus dem Mittelalter entstammender Regeln. Dass Fragen nach der Mindesthöhe von Eigenkapital, dem damit angeblich zusammenhängenden Fortbestand von Unternehmen und davon weiter abhängenden Arbeitsplätzen somit weder für Experten noch für Politiker lösbar sind, ist daher unmittelbar einsichtig. Interessengeleitete Lobbies haben seit Jahrzehnten die Gesetzgebung missbraucht (zuletzt mittels Private Standard Setting sogar vor den Augen der Öffentlichkeit privatisiert!) und bluffen seitdem Rechtsprechung und Politik mit unwissenschaftlichen, mittelalterlichen Phrasen (Eigenkapital, Fortbestand, Standortvorteil etc.). Der Umstand, dass diese Praktiken in der eigenen Wissenschaft seit Jahrzehnten widerlegt sind, ist dabei kein Hindernis, da in der Boomphase der politischen Illusion man jederzeit unter Verweis auf das scheinbare „Funktionieren“ dieser untauglichen Methoden die lästigen Kritiker totschweigen konnte. Die von diesen jedoch präzise vorhergesagte Krise, deren eigentliche Bedeutung als finale Systemkrise auch heute noch von den Mitgliedern dieser gesellschaftlichen Kleingruppen hartnäckig verkannt wird, muss jedoch dazu führen, dass die tieferen Ursachen der nun unumkehrbar einsetzenden Entwicklung offengelegt und an breiteste Kreise in Politik und Bevölkerung kommuniziert werden.
Der unvermeidliche Paradigmenwechsel, dem das System der sog. freien Marktwirtschaft (früher „Finanzkapitalismus“) nunmehr entgegengeht, ist nämlich nur aus Sicht dieser kleinen gesellschaftlichen Minderheit eine Krise, welche ihr Einkommen und ihren Status genau aus den wissenschaftlich völlig unsinnigen Mechanismen ableiten, welche zu dieser Entwicklung geführt haben. Für die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft stellt der Zusammenbruch dieses politischen Systems hingegen eine unglaubliche Chance dar, die Entwicklung der Menschheit erstmals auf ein auf wissenschaftlichen Grundsätzen basierendes Fundament zu stellen, welches im Kern auf nachhaltige, friedvolle Entfaltung des ganzen menschlichen Potentials bei maximaler persönlicher Freiheit in Respekt und Würde abzielt, ohne dabei in die Falle politischer oder religiöser Ideologien zu geraten.
Die zentrale Grundhaltung der in dieser Schrift versammelten AutorInnen stellt die Philosophie des Konstruktivismus dar. Jeder Mensch erschafft durch seine Biografie und seine persönliche Erfahrung eine einzigartige Wirklichkeit. Jede dieser subjektiven Wirklichkeiten ist gleichberechtigt und existiert völlig unabhängig von anderen, individuellen Wirklichkeiten und unabhängig selbst von der Existenz einer objektiven Realität, welche gleichwohl auch niemals letztgültig bewiesen werden kann. Aus dieser Geisteshaltung erhellt, dass aus den widersprüchlichen Aussagen zweier Personen „X gehört zur Klasse A“ sowie „X gehört zur Klasse B“ niemals ein Konflikt (als Streit um die „objektive Wahrheit“ verstanden) entstehen kann. Beide reden nämlich nicht über „die Wirklichkeit“ sondern bloß über ihre jeweils persönlichen Wirklichkeiten als Ergebnis ihrer höchst individuellen Wahrnehmung. Wenn die beiden Personen in Zukunft friedvoll gemeinsam leben (ko-existieren und ko-evoluieren) wollen, dann liegt die Antwort ganz offensichtlich nicht im Krieg um die einzig objektive Wirklichkeit („X ist A“ oder „X ist B“) sondern in der gemeinsam erschaffenen, neuen Wirklichkeit „X gehört zur Klasse C“, in welcher die Klasse C kooperativ gemeinsam definiert (ko-konstruiert) wird.
Methode
Die ganzheitliche Sichtweise offenbart nicht nur Mängel innerhalb einer (ohnehin längst fragwürdigen) Wissenschaft, sondern v.a. auch den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Gesellschaftssystem. In der freien Marktwirtschaft wurde der Einfluss der Religion durch die Macht der Wissenschaft ersetzt. Die Spitze der Gesellschaftspyramide legitimiert ihre Privilegien gegenüber der Basis nunmehr nicht durch den Verweis auf göttliche Anordnungen sondern durch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft, welche es angeblich gestattet objektiv (für jeden nachvollziehbar) Kausalitäten darzustellen und damit auch Prognosen zukünftiger Entwicklungen zu erstellen und diese dann planvoll und zum Vorteil aller zu steuern.
Nach wie vor werden gesellschaftliche Entwicklungen in den freien Marktwirtschaften von den Angehörigen einer finanziellen Elite entschieden und gelenkt. Den Führungsanspruch innerhalb der Gesellschaft konnte diese Kleingruppe nur legitimieren (und zwar genau im Wortsinn, d.h. durch die Erschaffung der dazu passenden Gesetze), wenn sie in der Öffentlichkeit den Eindruck erzeugen konnte, diese Führungsrolle basiere auf wissenschaftlicher Erkenntnis. Die wahre Ursache ihrer gesellschaftlichen Macht beruht jedoch auf drei historisch gewachsenen, sozialen Regeln (die wie alle sozialen Regeln in demokratischer Weise, also durch Mehrheitsbeschluss, jederzeit veränderbar sind): dem Finanzeigentum an Unternehmen, dem Zinseszinssystem und der asymmetrischen Erbschaft.
Unternehmen werden in der freien Marktwirtschaft nach wie vor wie tote Dinge dargestellt, welche einen finanziellen Wert repräsentieren würden (= Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden an einem Stichtag). Eigentumsansprüche lassen sich nur über tote Materie erheben, niemals hingegen gegenüber autonomen Lebewesen, welche über einen freien Willen verfügen. Soll ein Eigentumsanspruch über ein Lebewesen tatsächlich durchgesetzt werden, so gibt es dafür nur eine Möglichkeit: es muss getötet werden.
Werden Unternehmen modellhaft also nicht als tote Materie sondern als lebendige Systeme (dynamische Prozessketten oder aber soziale Netze) dargestellt, so bietet dies zwar ungeahnte Möglichkeiten, sie funktionieren dann wesentlich besser, offene und ehrliche Echtzeitkommunikation wird möglich, die Reibungsverluste der Bürokratie verschwinden, alle involvierten Personen können ihre tatsächlichen Bedürfnisse äußern und werden damit wieder motiviert und kreativ – der einzige Nachteil jedoch ist der, dass dann ein rein finanziell begründetes Eigentum (i.S. eines externen Shareholders, der sein Eigentum durch Kauf von Anteilen am Kapitalmarkt begründet) nicht mehr funktioniert. Dieser Shareholder ist für alle in die Unternehmensprozesse Involvierten (Stakeholder) nur ein Störenfried und Parasit. Er setzt diejenigen Stakeholder, welche durch persönliche Fähigkeiten und Leistungen tatsächlich etwas bewirken durch absurde Berichtsanforderungen und finanzielle Ansprüche unter Druck und verhindert durch Gewinnvorgaben und Bürokratie, dass qualitativ hochwertige Güter und Dienstleistungen zu kundengerechten Preisen überhaupt noch erbracht werden können. Verglichen wird die Rendite dieser missbrauchten Sozialstrukturen dann mit behaupteten Erträgen der toten Materie (zinstragende Wertpapiere). Dahinter stehen absurde, rechtsgültige Verträge, in denen Rückzahlungen und Verzinsungen von Kreditbeträgen gefordert werden, welche von den damit in Zukunft erwirtschafteten Erträgen völlig unabhängig sind (fixe oder variable, gewinnunabhängige Verzinsung des Fremdkapitals). Da die Kreditgeber sich im Zuge dieser Verträge regelmäßig auch noch dingliche Sicherheiten überschreiben lassen, wird damit das Ausfallsrisiko komplett auf den Kreditnehmer überwälzt, wirtschaftlich schwierige Perioden entarten damit einfach zu rechtlich abgesicherten Enteignungswellen, wie sie auch gerade jetzt wieder aufwogen. Die angeblich als Risikoabgeltung geforderten Zinsen des Kreditgebers sind dadurch als politische Lüge enttarnt und keinesfalls als wissenschaftlich fundierte Vorgangsweise!
Die asymmetrische Erbschaft hingegen stellt jenen einfachen sozialen Mechanismus dar, wonach man sich im Falle von Schulden der Erbschaft entschlagen kann. Wenn positive Vermögen vererbt werden, Schulden aber nicht (und zwar über mehrere Generationen als Sippenhaftung!), dann genügt bereits diese einfache Regel (verschärft durch das unsinnige und gefährliche Zinseszinssystem), um im Laufe der Zeit immer mehr Vermögen in immer weniger Familien kumulieren zu lassen. Menschen, die nun aber in Familien hineingeboren werden, in welchen bereits seit Generationen durch finanzielles Unternehmenseigentum, Zinseszins und asymmetrische Erbschaft Vermögen kumuliert wurde, empfinden diese Umstände als völlig normal! Sie sehen darin weder persönliche Schuld (die streng genommen natürlich auch nicht vorliegt!), noch überhaupt einen gesellschaftlichen Defekt, da diese Mechanismen für sie selbst, ihre Verwandten und idR. auch den Großteil ihres sozialen Umfelds immer nur positive Effekte hervorbrachten. Zur Erklärung der wirtschaftlichen Notlage in anderen gesellschaftlichen Ecken werden dann eben antiquierte Legenden (charakterliche Fehler, mangelnder Leistungswille, genetische Defekte bis hin zu Rassismus etc.) strapaziert, welche sich, wenn man nur die richtigen Wissenschaftler auswählt, natürlich auch immer „wissenschaftlich erklären“ lassen, zumal diese Personenkreise letztlich auch darüber entscheiden, welche Universitäten und Lehrstühle errichtet und finanziert werden. Wissenschaftler, welche mit Personen dieser Gesellschaftsschicht kommunizieren müssen, wandeln dabei auf schmalem Grat. Sie müssen mitunter Erkenntnisse der eigenen Disziplin mental ausblenden, um die gesellschaftlichen Vorurteile ihrer eigenen Geldgeber zu respektieren. Sollten sie sich hingegen in ihren Veröffentlichungen jemals allzu offen gegen die gesellschaftlichen Vorurteile und daraus resultierenden Machtinteressen ihrer Förderer (die zu ihrem eigenen Schutz zumeist auch anonym bleiben, dadurch aber eine psychologisch nur umso größere Macht entfalten!) stellen, so setzen diese Wissenschaftler damit zumeist ihrer Laufbahn ein vorzeitiges Ende, wobei die „Exekution“ durch ihre eigenen Fachkollegen, die „dem Kapital zu Dienste“ sind, umgehend erfolgt, sodass auch in der Öffentlichkeit einfach der Eindruck eines im Detail nicht wirklich nachvollziehbaren wissenschaftlichen Methodenstreits entsteht und keinerlei Verbindung zu den „Interessen des Kapitals“ sichtbar wird.
Als kleiner Hinweis für die Öffentlichkeit können hier lediglich die Publikationen jener weniger Wissenschaftler dienen, welche kurz vor oder nach ihrer eigenen Emeritierung oftmals zum großen Erstaunen ihrer Fachkollegen diametral die Stoßrichtung ändern und ganz plötzlich gegen ihre früher selbst vertretenen Standpunkte argumentieren.
Bildungssystem, Wissenschaft und Wirtschaft sind selbst wiederum nur Teilsysteme des menschlichen Gesellschaftssystems. Sie beeinflussen sich wechselseitig und sind keinesfalls voneinander unabhängig. Zusätzlich wird ihre Dynamik aber auch von der psychologischen Grundhaltung der Menschen tangiert. Die geistigen Fähigkeiten der Menschen (unabhängig von ihrem formalen Bildungsgrad!) bleiben ebenfalls nicht konstant, sondern entwickeln sich auf eine Art und in eine Richtung, welche auch den damit befassten Spezialwissenschaftlern noch nicht ganz klar ist. Sicher ist jedoch, dass die Bevölkerung des 19. oder 20. Jahrhunderts (u.a. auch aus Gründen der Informationsinfrastruktur) auf Entwicklungen und Ereignisse völlig anders reagierte als jene des 21. Jahrhunderts. Diese Erkenntnis beunruhigt nun viele Politiker, denn das bedeutet, dass die Bevölkerung nicht berechenbar und lenkbar ist (was sie auch in der Vergangenheit nur bedingt war, durch monopolisierte Medien und Propaganda aber gezielt gemacht werden konnte!).
In dieser Zeit steigender Unsicherheit, des Versagens der Pläne und Prognosen, des Zusammenbruchs jener historischen Strukturen, die für Bevölkerung und Politik durch mehrere Jahrhunderte hindurch aber die Illusion von Beständigkeit, Berechenbarkeit und Steuerbarkeit aufrecht erhalten konnten, ist es das Ziel der vorliegenden Publikation, den von der Veränderung Betroffenen (Bevölkerung und Politikern) Wege aufzuzeigen, wie die auf sie zukommende Transformation mit minimalem Leid durchlebt werden kann!
Inhalte
Die vorliegende Anthologie versucht durch unterschiedliche Perspektiven auf die stattfindende Entwicklung „subjektive Wirklichkeiten“ im Sinne des Konstruktivismus anzubieten. Verantwortungsträger in Wirtschaft und Politik sind aufgerufen sich mit den hier präsentierten Hypothesen vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen auseinanderzusetzen und zu überlegen, ob eine sich selbst steuernde Gesellschaft, im Stadium der Autopoese (Selbsterschaffung) verhindert werden sollte bzw. welches der Preis für die Bewahrung der Hierarchien wäre. Bürgerinnen und Bürger hingegen sollten in diesen Veränderungen die Selbstverpflichtung zur permanenten Fort- und Persönlichkeitsbildung erkennen um ihre besten Fähigkeiten dem Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.
Im ersten Abschnitt versucht Franz Hörmann die tieferen Ursachen der sog. Finanz- bzw. Wirtschaftskrise aus wissenschaftlicher Sicht aufzuzeigen. Die von ihm skizzierten Mängel sind in der Fachwelt lange erkannt und publiziert wurden und werden aber ebenso lange totgeschwiegen, da mächtige gesellschaftliche Interessengruppen meinten ihren Interessen besser zu dienen indem sie sich selbst und ihre Mitmenschen bewusst belügen. Wenn die menschliche Gesellschaft als globales neuronales Netz betrachtet wird, in dem jede einzelne Person einen Knoten repräsentiert, dann zerbrechen die hierarchischen Systeme und die Gesellschaft formt sich gerade neu als sog. Heterarchie (d.h. flexibler, nicht starr und eindeutig top down strukturierter Entscheidungsorganismus). Die Hierarchien werden, da neuronale Netze ihre eigenen Gesetze erzeugen, verschwinden und durch eine nachhaltige, sich selbst erschaffende Entscheidungsstruktur ersetzt. Nur wenn der gerade stattfindende Veränderungsprozess so von Entscheidungsträgern und Bevölkerung so verstanden wird, können wir Panik vermeiden und die Krise wird zur Chance zum demokratischen Multiparadigmenwechsel.
Im zweiten Teil des Werks versucht Herbert R. Haeseler eine Ursachenanalyse für eine mehrdimensionale Wirtschaftskrise. Nach der Darstellung der absehbar negativen Folgen desShareholder Value-Denkens werden die Probleme Vertrauensmanagement und Corporate Governance aufgegriffen. Auch die Kontrollinstanzen Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer unterliefen in der Vergangenheit eher kosmetische Reformen, da nachweislich bereits die Grundannahmen für ihre taugliche Funktion heute als widerlegt gelten müssen. Die Institution der Bank wird ebenfalls hinterfragt und es wird gezeigt, welche auslösenden Gründe hinter den hier entstandenen Problemen erkannt werden müssen. Abschließend wendet sich der Autor dem österreichischen Steuersystem zu, welches in der Vergangenheit ebenfalls von Interessensgruppen instrumentalisiert wurde.
Christian Fichtenbauer weist in seinem Beitrag die Grenzen heutiger mathematischer Modelle in der Wirtschaft nach. Der Begriff der Wahrheit ist (zeitlich wie perspektivisch) in Kommunikationsprozessen immer relativ. Das starre Festhalten an der zweiwertigen Logik entartet zum Dogma und kann in der weltweiten Vernetzung nicht mehr funktionieren. Auch die in derUnternehmensbewertung verwendeten mathematischen Ansätze sind nachweislich untauglich, da sie die Vernetzung der Unternehmen selbst nicht berücksichtigen. Der Shareholder Value-Ansatz kann wird zu immer größeren Problemen führen, je mehr Unternehmensleitungen versuchen ihn umzusetzen. Menschliche Kooperation funktioniert schon seit Jahrtausenden erfolgreich, harmonisch und ohne Zwang und mittels Selbststeuerung in Echtzeit: im Orchester und im Tanz. Rhythmus und Harmoniesollten daher auch im Mittelpunkt der Produktionsprozesse stehen. Da musikalischer Geschmack aber nicht verordnet werden kann, ist die zentrale Steuerung auch in der Wirtschaft eine (schädliche) politische Illusion!
Die nachfolgenden Überlegungen zur langfristigen Entwicklung der Schulden und Einkommenvon Erhard Glötzl berücksichtigen die begrenzte Geldmenge sowie den eigentümlichen Vorgang derGeldentstehung als Schuld und weisen auf mathematischer Grundlage nach, dass Wachstum von Geldvermögen ohne gegengleiches Schuldenwachstum im aktuellen politischen System unmöglich ist. Da die Verschuldung aber ver(zinses)zinst ist, folgt daraus zunächst der allseits bekannte Wachstumsdruck. Langfristig muss aber ein Wirtschaftssystem, in dem die Geldvermögen und Schulden durch den Zinseszins exponentiell, die realen Produktionsmengen aber nur linearwachsen zusammenbrechen. Dies hat es in der Vergangenheit in periodischen Zyklen stets getan und auch heute erleben wir gerade diese Phase der Entwicklung. Der Autor präsentiert auch einigeVorschläge für die Politik, durch welche (mutigen!) Änderungen hier Abhilfe geschaffen werden könnte.
Eva Gatarik präsentiert sodann Gedanken zur Modellierung von Wissen. Sie weist überzeugend nach, dass auch unsere heute übliche Vorstellung von Wissenschaft nicht die einzig mögliche und sicherlich nicht die optimale ist. In der tagespolitischen Diskussion wie im Wirtschaftsleben werden dieBegriffe Information und Wissen oftmals nicht exakt unterschieden oder sogar als austauschbare Äquivalente missverstanden. Der Wissensbegriff lebt aber von seiner Verwendung. Wissen als Beschreibung und Wissen als Erklärung sind grundsätzlich verschiedene Dinge. Auch dasSpannungsfeld zwischen Alltag und Wissenschaft wird heute noch zu wenig thematisiert und ist es wert, gründlich reflektiert und demokratisch neu gestaltet zu werden.
Den Abschluss bildet der Vorschlag von Rainer Born und Eva Gatarik für ein neues, wissenschaftlich fundiertes Führungskonzept: vom Sharing Expertise zum Sharing Fate. Nach der Analyse des heute praktizierten Managementparadigmas wird dazu ein neuer, die aktuellsten Erkenntnisse des Wissensmanagement berücksichtigender Ansatz präsentiert. Wissen existiert in unterschiedlichen Ausprägungen und verschiedenen Situationen. Alle diese Wissensarten müssen in der (Wirtschafts-)Praxis harmonisch zusammenwirken. Die Überbetonung (und Überbelohnung!) des in den höheren Bildungsstätten formal vermittelten theoretischen Wissens zerstört die nachhaltige Funktion der ökonomischen Versorgungsnetze ebenso wie ein tabuisiertes, aus mittelalterlichem Betrug hervorgegangenes Geldsystem!
UNTERNEHMENSBEWERTUNG WIDERLEGT:
Inhalt:
Sind Unternehmensbewertungen in wissenschaftlich tauglicher Form überhaupt möglich? Die beiden Autoren bestreiten dies und legen als Beweise einerseits wissenschaftliche Argumente und andererseits gravierende formale und logische Fehler in angloamerikanischen Standardwerken vor. Nach wie vor werden Unternehmen mittels ewiger Renten bewertet. In den aktuellen deutschen und österreichischen Fachgutachten zur Unternehmensbewertung wird diese Methodik sogar ausschließlich empfohlen. Die Zahlungsstromsalden des dritten oder fünften Planjahres sind für 70% oder mehr des gesamten Unternehmenswertes verantwortlich und pervertieren so die Logik der Barwertrechnung. Geringste Änderungen am Zinssatz führen zu drastischen Veränderungen des Unternehmenswertes im Ausmaß von 80% bis 300%.
Die Autoren fordern die Offenlegung der Prognosemethoden für diejenigen Zahlungsströme, von denen der Großteil der Unternehmenswerte abhängt. Solange diese Prognosemethoden nicht wissenschaftlich überprüft werden, ist auch die Unternehmensbewertung selbst unwissenschaftlich und widerlegbar. Unternehmenskäufer, -verkäufer, Gutachter und Richter sollten in ihrer täglichen Praxis innehalten und sich aufgrund der hier präsentierten Argumente zur mangelnden wissenschaftlichen Tauglichkeit der angegriffenen Methodik eine eigene Meinung bilden!
Die Autoren:
Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Herbert R. Haeseler, Promotion an der Hochschule für Welthandel 1969, Habilitation an der Universität Graz 1982 (bei den Professoren Karl Lechner und Anton Egger), ist seit 1974 Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater. In den Jahren 1976 bis 1992 war er als (Top)Manager in der Industrie, Versicherungswirtschaft und im Investment-Banking tätig. Seit zwei Jahrzehnten wirkt er an mehreren Lehrstühlen der Wirtschaftsuniversität Wien, insbes. am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Hörmann ist seit 1983 am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen der Wirtschaftsuniversität Wien beschäftigt, seit 2001 Gastprofessor am Institut für Wirtschaftsinformatik (Communications Engineering) der Universität Linz, seit 1997 gewerblich befugter Unternehmensberater, seit 1995 korrespondierendes Mitglied des Fachsenats für Datenverarbeitung der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder und seit 2001 Prüfungskommissär im Rahmen der Wirtschaftsprüfer-Ausbildung der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Seit 2001 ist er weiters Lektor an der FHW (Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien).
Inhalt:
Sind Unternehmensbewertungen in wissenschaftlich tauglicher Form überhaupt möglich? Die beiden Autoren bestreiten dies und legen als Beweise einerseits wissenschaftliche Argumente und andererseits gravierende formale und logische Fehler in angloamerikanischen Standardwerken vor. Nach wie vor werden Unternehmen mittels ewiger Renten bewertet. In den aktuellen deutschen und österreichischen Fachgutachten zur Unternehmensbewertung wird diese Methodik sogar ausschließlich empfohlen. Die Zahlungsstromsalden des dritten oder fünften Planjahres sind für 70% oder mehr des gesamten Unternehmenswertes verantwortlich und pervertieren so die Logik der Barwertrechnung. Geringste Änderungen am Zinssatz führen zu drastischen Veränderungen des Unternehmenswertes im Ausmaß von 80% bis 300%.
Die Autoren fordern die Offenlegung der Prognosemethoden für diejenigen Zahlungsströme, von denen der Großteil der Unternehmenswerte abhängt. Solange diese Prognosemethoden nicht wissenschaftlich überprüft werden, ist auch die Unternehmensbewertung selbst unwissenschaftlich und widerlegbar. Unternehmenskäufer, -verkäufer, Gutachter und Richter sollten in ihrer täglichen Praxis innehalten und sich aufgrund der hier präsentierten Argumente zur mangelnden wissenschaftlichen Tauglichkeit der angegriffenen Methodik eine eigene Meinung bilden!
Die Autoren:
Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Herbert R. Haeseler, Promotion an der Hochschule für Welthandel 1969, Habilitation an der Universität Graz 1982 (bei den Professoren Karl Lechner und Anton Egger), ist seit 1974 Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater. In den Jahren 1976 bis 1992 war er als (Top)Manager in der Industrie, Versicherungswirtschaft und im Investment-Banking tätig. Seit zwei Jahrzehnten wirkt er an mehreren Lehrstühlen der Wirtschaftsuniversität Wien, insbes. am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Hörmann ist seit 1983 am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen der Wirtschaftsuniversität Wien beschäftigt, seit 2001 Gastprofessor am Institut für Wirtschaftsinformatik (Communications Engineering) der Universität Linz, seit 1997 gewerblich befugter Unternehmensberater, seit 1995 korrespondierendes Mitglied des Fachsenats für Datenverarbeitung der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder und seit 2001 Prüfungskommissär im Rahmen der Wirtschaftsprüfer-Ausbildung der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Seit 2001 ist er weiters Lektor an der FHW (Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien).
Zitate zum Thema:
"Für mathematische Gleichungen gibt es nur zwei Möglichkeiten: sie sind richtig oder falsch. Für Modelle gibt es aber noch eine dritte, nämlich richtig, aber irrelevant." (Wolfgang Pauli)
"Wenn man als einziges Werkzeug nur einen Hammer besitzt, so wird jedes Problem zum Nagel."
(Mark Twain)
"First-year accounting students are taught that the balance sheet portrays the liquidation value of the enterprise and provides creditors with worse case information. But enterprises are not normally run to be liquidated. They have to be managed as going concerns, that is, for wealth creation. To do that requires information that enables executives to make informed judgments."
(Peter F. Drucker, in: The Information Executives Truly Need)
"As harsh as it might seem, we think that essentially the only message today's auditors send to users is that they should consider the financial statements to be essentially useless because they comply with politically derived accounting principles."
(Miller/Bahnson "Quality Financial Reporting", S 50)
"Die betriebswirtschaftliche und juristische Erörterung der Aufgaben des Jahresabschlusses ist ein Trauerspiel, weil immer noch ungeklärte Begriffe (Informationsfunktion) und nichtssagende Phrasen (Periodenverursachung, Periodengerechtigkeit) das Schrifttum beherrschen. Die Behauptung, dem Jahresabschluß komme eine Informationsfunktion zu, ist inhaltsleer, solange nicht gesagt wird, über was genau der Jahresabschluß Wissen vermitteln soll. Informationsfunktion des Jahresabschlusses heißt zunächst nichts anderes als: Der Jahresabschluß enthält Nachrichten, wie jedes beschriebene Blatt auch; ob die Nachrichten überhaupt sinnvoll sind und welchen Sinn sie haben, bleibt ungesagt. Gemeint ist mit der Informationsfunktion des Jahresabschlusses eine Aussage über die künftige "wirtschaftliche Lage" des Unternehmens. Aber bei einer solchen Verdeutlichung wird nur ein nichtssagender Begriff (Informationsfunktion) durch einen in gleicher Weise ungeklärten (wirtschaftliche Lage) ersetzt."
Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung", 5. Auflage, 1980, S 561)
"Nachdem selbst Planbilanzen und Gewinnprognosen keinen begründeten Anspruch erheben können, mit hoher (quantitativer) Wahrscheinlichkeit über das künftig zu Erzielende unterrichten zu können, erscheint es von vornherein als Täuschung Gutgläubiger, dies von dem mit zahlreichen Unzulänglichkeiten behafteten gegenwärtigen handelsrechtlichen Jahresabschluß zu erhoffen."
Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung", 5. Auflage, 1980, S 561)
"Sämtliche der genannten (bestandsorientierten) Methoden sind kaum geeignet, die vergangene Liquiditätslage besser beurteilen zu können als mit der Aussage: Die derzeitige Existenz des Unternehmens zeigt, daß es in der Vergangenheit liquide war. Eine Prognose der zukünftigen Liquiditätslage - und das ist der wichtigere Teil der Liquiditätsanalyse - ist nur kurzfristig und tendenziell anhand der Liquidierbarkeit des Vermögens möglich. An der Kurzfristigkeit mangelt es aber regelmäßig bei der Analyse des publizierten Jahresabschlusses, da zwischen Bilanzstichtag und Zeitpunkt der Publikation mehrere Monate liegen."
Eberhard Schult ("Bilanzanalyse - Möglichkeiten und Grenzen externer Unternehmensbeurteilung", 10. Auflage, 1999, S 132)
"Practically speaking, the peer review system covered only a handful of auditing firms. In recent years almost all publicly traded companies in the United States were audited by the so-called Big Five: Arthur Andersen, Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers, Deloitte & Touche, and KPMG. During the 25 years of its existence, the peer review system didn't produce a single negative report on any auditor. ... In early 2000 the SEC's chief accountant examined a review that PricewaterhouseCoopers had done on KPMG and found numerous violations of auditing standards by KPMG. He wrote to the head of the peer review's Oversight Board about this. He noted that the Oversight Board's staff had told SEC officials "the findings of the KPMG peer review were the worst results from a large firm peer review it had seen in 15 years." Nevertheless, the PricewaterhouseCoopers report had given KPMG a clean bill of health."
D. Quinn Mills ("Wheel, Deal, and Steal - Deceptive Accounting, Deceitful CEOs, and Ineffective Reforms", 2003, p. 84)
"Lynn Turner, who was the chief accountant at the SEC in the late 1990s, has described very plainly what goes on behind the scenes. Turner abhors the games that accountants play, but he nevertheless knows the world where they go on: for years he was a partner at one of the major auditing firms, and he has also served as chief financial officer of an international manufacturer of computer products. In spring 2002 Turner was interviewed on a nationally televised program about the accounting scandals being uncovered. ... The interviewer asked him (in italics below with his response following):
What kind of things were being done when you were working on Wall Street for an accounting firm?
"All of the Big Five accounting firms have a group of accountants kind of like a financial services group, and that group of accountants works with Wall Street. In my prior life, we acutally had a retainer arrangement with each of the major Wall Street investment banking firms under which we would help them financially engineer or structure hypothetical transactions for finding financing, keeping it off balance sheet, making companies look better than, quite frankly, they really were."
You mean doing the kinds of things that Enron and Andersen did?
"Yes. Exactly."
So there's a whole system that does this?
"A system that turns around and does it. Without a doubt."
And all of the big accounting firms have that?
"Yes. Every one of the big accounting firms has such a group...."
So, in Enron, we haven't just stumbled into something that may have happened. We've run into something that is a fairly common practice?
"This is day-to-day business operations in accounting firms and on Wall Street. There is nothing extraordinary, nothing unusual in that respect with respect to Enron."
D. Quinn Mills ("Wheel, Deal, and Steal - Deceptive Accounting, Deceitful CEOs, and Ineffective Reforms", 2003, pp. 84)
"Rentabilität, Liquidität und Eigenkapitalausstattung sind Grundpfeiler der klassischen Kennzahlenanalyse, wie wir sie seit Jahren aus der Kreditwürdigkeitsprüfung kennen. Um diese Kenntnisse zu gewinnen, hätte es einer aufwendigen, statistisch fundierten Forschung kaum bedurft. ... Die Formeln beruhen auf der vereinfachenden Unterstellung, daß es nur eine Art, nur einen Typ von Unternehmenskrise gäbe."
Georg Gemünden in Jürgen Hauschildt (Hrsg.), "Krisendiagnose durch Bilanzanalyse", Köln 1988, S 137
"Im Vergleich zu den (offenen) Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten bilden Ermessensspielräume, Schätzungen, Prognosen oder Absichten des Managements, die als verdeckte Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte bezeichnet werden können, eine gravierende Einschränkung der Möglichkeiten einer Jahresabschlussanalyse. Diese wirken sich vor allem auf die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte, die Aktivierung und Bewertung latenter Steuern, die Feststellung und Ermittlung von Wertminderungen im langfristigen Vermögen (einschließlich Goodwill), die Abgrenzung von Finanzinstrumenten sowie die Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge aus. ... Dementsprechend stehen sämtliche aus dem IFRS-Jahresabschluss abgeleiteten Daten unter der Einschränkung der konkreten Bedeutung der verdeckten Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte. ... Ebenso wie bei der IFRS-Bilanz fehlt auch für die IFRS-GuV ein fest vorgeschriebenes Gliederungsschema. Dieses fehlende Gliederungsschema erschwert die Abgrenzung der in den einzelnen GuV-Positionen auszuweisenden Sachverhalte. ... Gleichwohl gelingt keine umfassende Information über die am Bilanzstichtag bestehenden vertraglichen finanziellen Verpflichtungen und vertraglich vereinbarten finanziellen Zuflüsse."
Hanno Kirsch, "Finanz- und erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse nach IFRS", München 2004, S 167 ff.
Lotto-Gewinn rettet Bawag-Bilanz
Alles ist möglich - auch bei der Bilanzerstellung der Bawag. Um die horrenden Verluste aus dem Refco-Debakel und den Karibik-Geschäften auszugleichen, hat die Gewerkschaftsbank ihre Anteile an den Lotterien in eine neu gegründete Holding eingebracht. Mit diesem Bilanz-Kunststück kann die Bank diese Beteiligung um einen dreistelligen Millionenbetrag aufwerten - und so in der Bilanz einen Gewinn ausweisen."
Wirtschaftsblatt vom 22.03.2006
Aktienkauf: Besser nicht als schlecht informiert
Nicht informierte Anleger sind auf dem Aktienmarkt erfolgreicher als mittelmäßig informierte.
Zu diesem Ergebnis ist eine Studie der Universität Innsbruck gekommen.
Der Vorteil der Uninformierten
Die Studienleiter Michael Kirchler und Jürgen Huber erklären den Misserfolg der
mittelmäßig Informierten damit, dass sie zu spät kommen.
"Insider kaufen billig ein und verkaufen teurer weiter, mittelmäßig und schlecht Informierte
kaufen hoch und verkaufen billiger. Uninformierte haben den großen Vorteil, dass sie nicht
durch alte und bereits eingepreiste Informationen systematisch fehlgeleitet werden können."
ORF vom 29.05.2007
Der neue Vorstand wird aus der Bilanz nicht schlau!
Wie qualitativ hochwertig sind heutige Bilanzierungsnormen, wenn selbst der
neue Vorstand einer Bank (in diesem Falle Prof. Nowotny bei der BAWAG)
die Milliardenprobleme nicht der Bilanz entnehmen kann, sondern von
einer JOURNALISTIN darauf angesprochen wird!!??
ORF vom September 2007
ENRON: Man hätte es sehen können (einige sahen es)!!
Es stimmt nicht, dass das ENRON-Management seine Aktivitäten
verschleierte! Wer sich der Mühe unterzog (wie einige Finanzreporter
oder einige Studenten der Cornell University, die im Rahmen ihres
Projekts schon 1998, also 1 Jahr vor dem Aktienhöchststand, zu einer
VERKAUFSEMPFEHLUNG kamen) der konnte, nach zeitaufwändigen
Analysen, sehen, dass ENRON ein Außenseiter in der Branche war,
der mit zu hohem Risiko agierte. Die vollständige Dokumentation der
über 3000 SPEs hätte ca. 3 Millionen Seiten umfaßt. Welcher Aktionär
hätte diese Dokumentation gelesen (und verstanden)??
Umfassende Publizität und Transparenz von Unternehmen sind in der
heutigen Zeit komplexer Geschäftsmodelle ein ANACHRONISMUS und
KEINE PROBLEMLÖSUNG.
Lesen Sie hier den interessanten Artikel von Malcolm Gladwell in brandeins.
Wertpapiere in die falsche Schicht verkauft??
Bei den Problemen rund um Meinl European Land wird von Kleinanlegervertretern
nun so argumentiert, dass "Pensionisten, Beamte, Forstarbeiter" die falschen
Anleger für dieses (ehemals angeblich ja so sichere) Immobilieninvestment
waren. Wären aber Großanleger über die Verluste glücklicher?
Sie könnten ihr "Risiko" zwar "streuen", aber Verlust ist auch beim
institutionellen Anleger Verlust und auch die Großinvestoren
können nicht in die Zukunft sehen, wenngleich etliche Berater das
diesen immer wieder vorgaukeln. Ein heute schlagendes Argument
für eine andere Form der Veranlagung, bei der Anleger und Unternehmer
sich ihre Konditionen eigenständig und selbstverantwortlich aushandeln
(ohne vom "permanent verbesserungsbedürftigen" Rechtssystem und
den davon lebenden "Experten", die natürlich nie selbst die Haftung
übernehmen, gegängelt zu werden)!
ORF vom 13. September 2007
Basel II wird abgesagt - was dann?
In der Ausgabe 04/2007 der Zeitschrift "Der Wirtschaftstreuhänder"
beschreibt der bekannte Wirtschaftsprüfer und Buchautor
Mag. Hans Hammerschmied, Spezialist für Basel II und Rating,
die aktuelle Situation zu dieser Entwicklung wie folgt (S 24):
"Es hat sich aber im Laufe dieses mehrjährigen Erfahrungs- und
Entwicklungsprozesses herausgestellt,
- dass ein gutes Rating nicht nur sehr aussagekräftiger Informationen
durch den Kunden bedarf, sondern auch viel Zeit in Anspruch nimmt;
- dass sich dieser große Zeitaufwand bei Kleinunternehmern niemals
"rechnen" wird;
- dass die Prognosefähigkeit der analysierten Daten (insbesondere der
hard Facts) mit zunehmender Unternehmensgröße erfreulicherweise
steigt - aber auch umgekehrt;
- dass je geringer die Betriebsleistung eines Unternehmens ist, umso
geringer ist die Prognosekraft der Daten von heute und gestern
für morgen.
Wo bzw. bei welcher Betriebsgröße die Grenze liegt, bei der ein
aufwendiges Rating-Verfahren wirtschaftlich sinnvoll und eine
entsprechende Prognosekraft möglich ist und wo dies nicht mehr
sinnvoll ist, wird derzeit bei den Banken noch intensiv diskutiert.
Die Grenze scheint zumindest bei einer Betriebsleistung von
€ 3 Mio p.a. möglicherweise sogar bei € 5 Mio p.a. zu liegen.
Das bedeutet, dass möglicherweise für 95% der österreichischen
Unternehmen ein ordentliches Rating-Verfahren (d.h. jährliche
Ermittlung sowohl von hard als auch von soft Facts) nicht mehr
zielführend erscheint.
Wie sollte dann bei diesen 95% der österreichischen Unternehmen
die Bonitätsbeurteilung durch die Banken erfolgen?
- durch die Analyse des Kontoverhaltens (z.B. Kontoüberziehungen)
sowie der Berücksichtigung von externen Informationen
(KSV, ÖKV-Cofase) und sonstiger Warnsignale;
- die Jahresabschlüsse werden zwar weiterhin abverlangt, aber
nicht mehr analysiert.
Anders formuliert, könnte dies auch bedeuten: Wer eine Finanzierung
durch die Bank hat und sich weiterhin unauffällig verhält (keine
Kontoüberziehungen, Vereinbarungen mit der Bank werden eingehalten
u.dgl.m.) und keine negativen Schlagzeilen bewirkt, wird von der Bank
"in Ruhe gelassen" werden. Dies auch wenn die Jahresergebnisse
(z.B. steuerbedingt) negativ sind.
Also viel Lärm um nichts?" (Ende Zitat)
Dass Ratings nicht funktionieren, und auch nie funktionieren werden,
ist aus wissenschaftlicher Sicht keine wirklich neue Erkenntnis.
Erstaunlich ist nur, dass jahrzehntelang Topmanager und Politiker
auf diese "Ratings" hereingefallen sind. Die Zukunft ist grundsätzlich
unbekannt, auch aus Sicht einer Rating-Agentur!
Was bei "größeren Unternehmen" offensichtlich geschieht ist, dass diese
aufgrund ihrer Größe ihr Zahlenmaterial einfacher stabil halten können
(mehr Manövriermassen, bessere Möglichkeiten Ergebnisse zu glätten etc.).
Dies dann als "verbesserte Prognosefähigkeit" zu interpretieren ist
natürlich auch wieder vielsagend (aus wissenschaftlicher Sicht,
wohlgemerkt!).
Besonders nett, und allerortens zitierfähig, ist natürlich diese Passage:
"die Jahresabschlüsse werden zwar weiterhin abverlangt,
aber nicht mehr analysiert."
Konsequent muss nun die Frage gestellt werden:
"Wieso erzwingt der Gesetzgeber dann nach wie vor die Erstellung
(und Prüfung) eines Jahresabschlusses, wenn dieser zwar noch
verlangt aber nicht analysiert (in den meisten Fällen nicht
einmal mehr gelesen!) wird?"
"Erdbeben im Weltfinanzsystem"
(Handelsblatt vom 10.12.2007)
Auszug eines Interviews mit dem Deutschland-Chef von McKinsey:
Handelsblatt: Herr Mattern, Sie sind zur rechten Zeit Chef von McKinsey
in Deutschland geworden. Ihr Rat als Bankenexperte müsste in der
Branchenkrise doch sehr gefragt sein.
Mattern: Dafür hätte ich nicht Office Manager von McKinsey werden müssen.
Das mache ich schon seit 17 Jahren.
Dann geben Sie uns doch mal eine Einschätzung, ob das Schlimmste überstanden ist.
Wenn Sie die Turbulenzen auf den Finanzmärkten meinen: schwer zu sagen.
Das wahre Ausmaß wird sich vielleicht erst mit Vorlage der Bilanzen für 2007
offenbaren. Quartalsergebnisse können da nur Hinweise geben.
Und da vermuten Sie noch Leichen im Keller?
Wir werden die eine oder andere Überraschung erleben, da bin ich sicher.
Weil die Wirtschaftsprüfer im Rahmen des Impairment Tests eine abschließende
Bewertung der Wertpapieranlagen machen müssen?
Ja, die wirklich entscheidende Frage lautet doch, wie verlässlich sind unsere
Bewertungsmodelle für solche strukturierten Wertpapiere? Die große Nachricht
hinter den täglichen Schlagzeilen ist doch, dass auf einmal Papiere mit erstklassigen
Ratings nicht mehr zu jedem Zeitpunkt einen Preis haben oder nirgendwo mehr einen
Investor finden. Es gibt nicht mehr die gute alte Welt, in der zu Anschaffungskosten
bilanziert wird. Jetzt gelten Marktpreise. Wo aber nehmen wir die her, wenn Wertpapiere
selten oder gar nicht gehandelt werden?
Werden in den Wertpapieranlagen der Banken also Scheinwelten bilanziert,
weil die Finanzmodelle bislang versagen?
Die Weiterentwicklung unserer Bewertungsmethoden ist eine wesentliche Frage,
die sich meiner Ansicht nach stellt.
----------------Zitat Ende ---------------------------------------------------------------------------------
Die Krise kommt exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem die unausgereiften "Fair Value"-Methoden
(eine Bewertungsvariante, die in Deutschland, dort als "gemeiner Wert" bekannt, bereits
1884, nach massivem Gründungsbetrug, überwunden wurde) gerade in der Bilanzierungspraxis
"eingeübt" werden.
Marktpreise, die nicht existieren, können auch nicht mittels Formeln simuliert werden.
"Der Markt" trifft keine Entscheidungen, diese treffen stets nur Individuen.
"Der Markt" schlechthin existiert nicht einmal, sondern immer nur eine konkrete Ausprägung
einer Vielzahl unterschiedlicher Martvarianten (von der atomistischen Konkurrenz bis zum
Monopol). Daher sind "Marktwerte" auch unbrauchbar, weil jeder Markt andere
Rahmenbedingungen aufweist und Preise auf jedem Markt anders zustande kommen.
Sind diese wirtschaftlichen Binsenweisheiten für Standardisierer wirklich zu kompliziert?
Aus dem BAWAG-Prozess:
Waren die HGB-Wahlrechte wirklich so flexibel eine Aufwertung auf den
24fachen Wert oder aber eine Abschreibung auf Null gleichermaßen zu decken??
Zitat zum Casino Jericho: "Während die BAWAG ihren Casino-Anteil im Jahresabschluss 2001
von fünf auf 120 Mio. Euro enorm aufwertete, wurde im selben Jahr bei den Casinos Austria
der Jericho-Anteil auf null abgeschrieben. Leutgeb erklärte, die Casinos Austria würden
immer eine "vorsichtige" Bilanzierungsstrategie verfolgen. "
Psychologen beweisen:
Bei Kontrollverlust nimmt das menschliche Gehirn in zufälligen Bildern Muster wahr!
Zitate:
"Bei der Untersuchung von Aberglauben unter Sportlern sei ihr aufgefallen, dass vor allem
diejenigen zu merkwürdigen Ritualen neigten, deren Erfolg im Spiel oder im Wettkampf
stark vom Zufall abhänge, erläutert Jennifer Whitson. Daraus sei dann die Vermutung
entstanden, es könne einen allgemeinen, grundlegenden Zusammenhang zwischen
Kontrolle und der Wahrnehmung von Mustern jeder Art geben."
"Anschließend zeigten die Forscher den Probanden unter anderem Bilder aus schwarzen
und weißen Punkten, die in einigen Fällen ein Motiv wie ein Pferd oder ein Boot bildeten,
in anderen jedoch zufällig verteilt waren. Hatten die Teilnehmer das Gefühl, die Situation
nicht kontrollieren zu können, sahen sie in den reinen Punktansammlungen überdurchschnittlich
häufig Gegenstände, zeigte die Auswertung. Zudem neigten sie eher dazu, abergläubische
Rituale mit dem Ergebnis einer Situation zu assoziieren, Verschwörungen zwischen anderen
Personen zu wittern oder Muster in zufällig ausgewählten Börsendaten zu erkennen."
Das US-amerikanische Rechnungswesen ist bereits im Rahmen der Dot-Com-Blase in
sich zusammengebrochen. Dies wurde von US-Wissenschaftlern auch unumwunden eingestanden.
Die zusammengebrochenen Banken konnten nur wenige Tage vor ihrem Zusammenbruch
noch Bilanzen mit UNEINGESCHRÄNKTEN TESTATEN veröffentlichen. Die Prüfungshonorare
jener Banken, die die größten Vermögen vernichteten, waren am höchsten! Erhalten die
Abschlussprüfer Schweigegeld von Pleitefirmen??
"Wenn man als einziges Werkzeug nur einen Hammer besitzt, so wird jedes Problem zum Nagel."
(Mark Twain)
"First-year accounting students are taught that the balance sheet portrays the liquidation value of the enterprise and provides creditors with worse case information. But enterprises are not normally run to be liquidated. They have to be managed as going concerns, that is, for wealth creation. To do that requires information that enables executives to make informed judgments."
(Peter F. Drucker, in: The Information Executives Truly Need)
"As harsh as it might seem, we think that essentially the only message today's auditors send to users is that they should consider the financial statements to be essentially useless because they comply with politically derived accounting principles."
(Miller/Bahnson "Quality Financial Reporting", S 50)
"Die betriebswirtschaftliche und juristische Erörterung der Aufgaben des Jahresabschlusses ist ein Trauerspiel, weil immer noch ungeklärte Begriffe (Informationsfunktion) und nichtssagende Phrasen (Periodenverursachung, Periodengerechtigkeit) das Schrifttum beherrschen. Die Behauptung, dem Jahresabschluß komme eine Informationsfunktion zu, ist inhaltsleer, solange nicht gesagt wird, über was genau der Jahresabschluß Wissen vermitteln soll. Informationsfunktion des Jahresabschlusses heißt zunächst nichts anderes als: Der Jahresabschluß enthält Nachrichten, wie jedes beschriebene Blatt auch; ob die Nachrichten überhaupt sinnvoll sind und welchen Sinn sie haben, bleibt ungesagt. Gemeint ist mit der Informationsfunktion des Jahresabschlusses eine Aussage über die künftige "wirtschaftliche Lage" des Unternehmens. Aber bei einer solchen Verdeutlichung wird nur ein nichtssagender Begriff (Informationsfunktion) durch einen in gleicher Weise ungeklärten (wirtschaftliche Lage) ersetzt."
Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung", 5. Auflage, 1980, S 561)
"Nachdem selbst Planbilanzen und Gewinnprognosen keinen begründeten Anspruch erheben können, mit hoher (quantitativer) Wahrscheinlichkeit über das künftig zu Erzielende unterrichten zu können, erscheint es von vornherein als Täuschung Gutgläubiger, dies von dem mit zahlreichen Unzulänglichkeiten behafteten gegenwärtigen handelsrechtlichen Jahresabschluß zu erhoffen."
Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung", 5. Auflage, 1980, S 561)
"Sämtliche der genannten (bestandsorientierten) Methoden sind kaum geeignet, die vergangene Liquiditätslage besser beurteilen zu können als mit der Aussage: Die derzeitige Existenz des Unternehmens zeigt, daß es in der Vergangenheit liquide war. Eine Prognose der zukünftigen Liquiditätslage - und das ist der wichtigere Teil der Liquiditätsanalyse - ist nur kurzfristig und tendenziell anhand der Liquidierbarkeit des Vermögens möglich. An der Kurzfristigkeit mangelt es aber regelmäßig bei der Analyse des publizierten Jahresabschlusses, da zwischen Bilanzstichtag und Zeitpunkt der Publikation mehrere Monate liegen."
Eberhard Schult ("Bilanzanalyse - Möglichkeiten und Grenzen externer Unternehmensbeurteilung", 10. Auflage, 1999, S 132)
"Practically speaking, the peer review system covered only a handful of auditing firms. In recent years almost all publicly traded companies in the United States were audited by the so-called Big Five: Arthur Andersen, Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers, Deloitte & Touche, and KPMG. During the 25 years of its existence, the peer review system didn't produce a single negative report on any auditor. ... In early 2000 the SEC's chief accountant examined a review that PricewaterhouseCoopers had done on KPMG and found numerous violations of auditing standards by KPMG. He wrote to the head of the peer review's Oversight Board about this. He noted that the Oversight Board's staff had told SEC officials "the findings of the KPMG peer review were the worst results from a large firm peer review it had seen in 15 years." Nevertheless, the PricewaterhouseCoopers report had given KPMG a clean bill of health."
D. Quinn Mills ("Wheel, Deal, and Steal - Deceptive Accounting, Deceitful CEOs, and Ineffective Reforms", 2003, p. 84)
"Lynn Turner, who was the chief accountant at the SEC in the late 1990s, has described very plainly what goes on behind the scenes. Turner abhors the games that accountants play, but he nevertheless knows the world where they go on: for years he was a partner at one of the major auditing firms, and he has also served as chief financial officer of an international manufacturer of computer products. In spring 2002 Turner was interviewed on a nationally televised program about the accounting scandals being uncovered. ... The interviewer asked him (in italics below with his response following):
What kind of things were being done when you were working on Wall Street for an accounting firm?
"All of the Big Five accounting firms have a group of accountants kind of like a financial services group, and that group of accountants works with Wall Street. In my prior life, we acutally had a retainer arrangement with each of the major Wall Street investment banking firms under which we would help them financially engineer or structure hypothetical transactions for finding financing, keeping it off balance sheet, making companies look better than, quite frankly, they really were."
You mean doing the kinds of things that Enron and Andersen did?
"Yes. Exactly."
So there's a whole system that does this?
"A system that turns around and does it. Without a doubt."
And all of the big accounting firms have that?
"Yes. Every one of the big accounting firms has such a group...."
So, in Enron, we haven't just stumbled into something that may have happened. We've run into something that is a fairly common practice?
"This is day-to-day business operations in accounting firms and on Wall Street. There is nothing extraordinary, nothing unusual in that respect with respect to Enron."
D. Quinn Mills ("Wheel, Deal, and Steal - Deceptive Accounting, Deceitful CEOs, and Ineffective Reforms", 2003, pp. 84)
"Rentabilität, Liquidität und Eigenkapitalausstattung sind Grundpfeiler der klassischen Kennzahlenanalyse, wie wir sie seit Jahren aus der Kreditwürdigkeitsprüfung kennen. Um diese Kenntnisse zu gewinnen, hätte es einer aufwendigen, statistisch fundierten Forschung kaum bedurft. ... Die Formeln beruhen auf der vereinfachenden Unterstellung, daß es nur eine Art, nur einen Typ von Unternehmenskrise gäbe."
Georg Gemünden in Jürgen Hauschildt (Hrsg.), "Krisendiagnose durch Bilanzanalyse", Köln 1988, S 137
"Im Vergleich zu den (offenen) Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten bilden Ermessensspielräume, Schätzungen, Prognosen oder Absichten des Managements, die als verdeckte Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte bezeichnet werden können, eine gravierende Einschränkung der Möglichkeiten einer Jahresabschlussanalyse. Diese wirken sich vor allem auf die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte, die Aktivierung und Bewertung latenter Steuern, die Feststellung und Ermittlung von Wertminderungen im langfristigen Vermögen (einschließlich Goodwill), die Abgrenzung von Finanzinstrumenten sowie die Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge aus. ... Dementsprechend stehen sämtliche aus dem IFRS-Jahresabschluss abgeleiteten Daten unter der Einschränkung der konkreten Bedeutung der verdeckten Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte. ... Ebenso wie bei der IFRS-Bilanz fehlt auch für die IFRS-GuV ein fest vorgeschriebenes Gliederungsschema. Dieses fehlende Gliederungsschema erschwert die Abgrenzung der in den einzelnen GuV-Positionen auszuweisenden Sachverhalte. ... Gleichwohl gelingt keine umfassende Information über die am Bilanzstichtag bestehenden vertraglichen finanziellen Verpflichtungen und vertraglich vereinbarten finanziellen Zuflüsse."
Hanno Kirsch, "Finanz- und erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse nach IFRS", München 2004, S 167 ff.
Lotto-Gewinn rettet Bawag-Bilanz
Alles ist möglich - auch bei der Bilanzerstellung der Bawag. Um die horrenden Verluste aus dem Refco-Debakel und den Karibik-Geschäften auszugleichen, hat die Gewerkschaftsbank ihre Anteile an den Lotterien in eine neu gegründete Holding eingebracht. Mit diesem Bilanz-Kunststück kann die Bank diese Beteiligung um einen dreistelligen Millionenbetrag aufwerten - und so in der Bilanz einen Gewinn ausweisen."
Wirtschaftsblatt vom 22.03.2006
Aktienkauf: Besser nicht als schlecht informiert
Nicht informierte Anleger sind auf dem Aktienmarkt erfolgreicher als mittelmäßig informierte.
Zu diesem Ergebnis ist eine Studie der Universität Innsbruck gekommen.
Der Vorteil der Uninformierten
Die Studienleiter Michael Kirchler und Jürgen Huber erklären den Misserfolg der
mittelmäßig Informierten damit, dass sie zu spät kommen.
"Insider kaufen billig ein und verkaufen teurer weiter, mittelmäßig und schlecht Informierte
kaufen hoch und verkaufen billiger. Uninformierte haben den großen Vorteil, dass sie nicht
durch alte und bereits eingepreiste Informationen systematisch fehlgeleitet werden können."
ORF vom 29.05.2007
Der neue Vorstand wird aus der Bilanz nicht schlau!
Wie qualitativ hochwertig sind heutige Bilanzierungsnormen, wenn selbst der
neue Vorstand einer Bank (in diesem Falle Prof. Nowotny bei der BAWAG)
die Milliardenprobleme nicht der Bilanz entnehmen kann, sondern von
einer JOURNALISTIN darauf angesprochen wird!!??
ORF vom September 2007
ENRON: Man hätte es sehen können (einige sahen es)!!
Es stimmt nicht, dass das ENRON-Management seine Aktivitäten
verschleierte! Wer sich der Mühe unterzog (wie einige Finanzreporter
oder einige Studenten der Cornell University, die im Rahmen ihres
Projekts schon 1998, also 1 Jahr vor dem Aktienhöchststand, zu einer
VERKAUFSEMPFEHLUNG kamen) der konnte, nach zeitaufwändigen
Analysen, sehen, dass ENRON ein Außenseiter in der Branche war,
der mit zu hohem Risiko agierte. Die vollständige Dokumentation der
über 3000 SPEs hätte ca. 3 Millionen Seiten umfaßt. Welcher Aktionär
hätte diese Dokumentation gelesen (und verstanden)??
Umfassende Publizität und Transparenz von Unternehmen sind in der
heutigen Zeit komplexer Geschäftsmodelle ein ANACHRONISMUS und
KEINE PROBLEMLÖSUNG.
Lesen Sie hier den interessanten Artikel von Malcolm Gladwell in brandeins.
Wertpapiere in die falsche Schicht verkauft??
Bei den Problemen rund um Meinl European Land wird von Kleinanlegervertretern
nun so argumentiert, dass "Pensionisten, Beamte, Forstarbeiter" die falschen
Anleger für dieses (ehemals angeblich ja so sichere) Immobilieninvestment
waren. Wären aber Großanleger über die Verluste glücklicher?
Sie könnten ihr "Risiko" zwar "streuen", aber Verlust ist auch beim
institutionellen Anleger Verlust und auch die Großinvestoren
können nicht in die Zukunft sehen, wenngleich etliche Berater das
diesen immer wieder vorgaukeln. Ein heute schlagendes Argument
für eine andere Form der Veranlagung, bei der Anleger und Unternehmer
sich ihre Konditionen eigenständig und selbstverantwortlich aushandeln
(ohne vom "permanent verbesserungsbedürftigen" Rechtssystem und
den davon lebenden "Experten", die natürlich nie selbst die Haftung
übernehmen, gegängelt zu werden)!
ORF vom 13. September 2007
Basel II wird abgesagt - was dann?
In der Ausgabe 04/2007 der Zeitschrift "Der Wirtschaftstreuhänder"
beschreibt der bekannte Wirtschaftsprüfer und Buchautor
Mag. Hans Hammerschmied, Spezialist für Basel II und Rating,
die aktuelle Situation zu dieser Entwicklung wie folgt (S 24):
"Es hat sich aber im Laufe dieses mehrjährigen Erfahrungs- und
Entwicklungsprozesses herausgestellt,
- dass ein gutes Rating nicht nur sehr aussagekräftiger Informationen
durch den Kunden bedarf, sondern auch viel Zeit in Anspruch nimmt;
- dass sich dieser große Zeitaufwand bei Kleinunternehmern niemals
"rechnen" wird;
- dass die Prognosefähigkeit der analysierten Daten (insbesondere der
hard Facts) mit zunehmender Unternehmensgröße erfreulicherweise
steigt - aber auch umgekehrt;
- dass je geringer die Betriebsleistung eines Unternehmens ist, umso
geringer ist die Prognosekraft der Daten von heute und gestern
für morgen.
Wo bzw. bei welcher Betriebsgröße die Grenze liegt, bei der ein
aufwendiges Rating-Verfahren wirtschaftlich sinnvoll und eine
entsprechende Prognosekraft möglich ist und wo dies nicht mehr
sinnvoll ist, wird derzeit bei den Banken noch intensiv diskutiert.
Die Grenze scheint zumindest bei einer Betriebsleistung von
€ 3 Mio p.a. möglicherweise sogar bei € 5 Mio p.a. zu liegen.
Das bedeutet, dass möglicherweise für 95% der österreichischen
Unternehmen ein ordentliches Rating-Verfahren (d.h. jährliche
Ermittlung sowohl von hard als auch von soft Facts) nicht mehr
zielführend erscheint.
Wie sollte dann bei diesen 95% der österreichischen Unternehmen
die Bonitätsbeurteilung durch die Banken erfolgen?
- durch die Analyse des Kontoverhaltens (z.B. Kontoüberziehungen)
sowie der Berücksichtigung von externen Informationen
(KSV, ÖKV-Cofase) und sonstiger Warnsignale;
- die Jahresabschlüsse werden zwar weiterhin abverlangt, aber
nicht mehr analysiert.
Anders formuliert, könnte dies auch bedeuten: Wer eine Finanzierung
durch die Bank hat und sich weiterhin unauffällig verhält (keine
Kontoüberziehungen, Vereinbarungen mit der Bank werden eingehalten
u.dgl.m.) und keine negativen Schlagzeilen bewirkt, wird von der Bank
"in Ruhe gelassen" werden. Dies auch wenn die Jahresergebnisse
(z.B. steuerbedingt) negativ sind.
Also viel Lärm um nichts?" (Ende Zitat)
Dass Ratings nicht funktionieren, und auch nie funktionieren werden,
ist aus wissenschaftlicher Sicht keine wirklich neue Erkenntnis.
Erstaunlich ist nur, dass jahrzehntelang Topmanager und Politiker
auf diese "Ratings" hereingefallen sind. Die Zukunft ist grundsätzlich
unbekannt, auch aus Sicht einer Rating-Agentur!
Was bei "größeren Unternehmen" offensichtlich geschieht ist, dass diese
aufgrund ihrer Größe ihr Zahlenmaterial einfacher stabil halten können
(mehr Manövriermassen, bessere Möglichkeiten Ergebnisse zu glätten etc.).
Dies dann als "verbesserte Prognosefähigkeit" zu interpretieren ist
natürlich auch wieder vielsagend (aus wissenschaftlicher Sicht,
wohlgemerkt!).
Besonders nett, und allerortens zitierfähig, ist natürlich diese Passage:
"die Jahresabschlüsse werden zwar weiterhin abverlangt,
aber nicht mehr analysiert."
Konsequent muss nun die Frage gestellt werden:
"Wieso erzwingt der Gesetzgeber dann nach wie vor die Erstellung
(und Prüfung) eines Jahresabschlusses, wenn dieser zwar noch
verlangt aber nicht analysiert (in den meisten Fällen nicht
einmal mehr gelesen!) wird?"
"Erdbeben im Weltfinanzsystem"
(Handelsblatt vom 10.12.2007)
Auszug eines Interviews mit dem Deutschland-Chef von McKinsey:
Handelsblatt: Herr Mattern, Sie sind zur rechten Zeit Chef von McKinsey
in Deutschland geworden. Ihr Rat als Bankenexperte müsste in der
Branchenkrise doch sehr gefragt sein.
Mattern: Dafür hätte ich nicht Office Manager von McKinsey werden müssen.
Das mache ich schon seit 17 Jahren.
Dann geben Sie uns doch mal eine Einschätzung, ob das Schlimmste überstanden ist.
Wenn Sie die Turbulenzen auf den Finanzmärkten meinen: schwer zu sagen.
Das wahre Ausmaß wird sich vielleicht erst mit Vorlage der Bilanzen für 2007
offenbaren. Quartalsergebnisse können da nur Hinweise geben.
Und da vermuten Sie noch Leichen im Keller?
Wir werden die eine oder andere Überraschung erleben, da bin ich sicher.
Weil die Wirtschaftsprüfer im Rahmen des Impairment Tests eine abschließende
Bewertung der Wertpapieranlagen machen müssen?
Ja, die wirklich entscheidende Frage lautet doch, wie verlässlich sind unsere
Bewertungsmodelle für solche strukturierten Wertpapiere? Die große Nachricht
hinter den täglichen Schlagzeilen ist doch, dass auf einmal Papiere mit erstklassigen
Ratings nicht mehr zu jedem Zeitpunkt einen Preis haben oder nirgendwo mehr einen
Investor finden. Es gibt nicht mehr die gute alte Welt, in der zu Anschaffungskosten
bilanziert wird. Jetzt gelten Marktpreise. Wo aber nehmen wir die her, wenn Wertpapiere
selten oder gar nicht gehandelt werden?
Werden in den Wertpapieranlagen der Banken also Scheinwelten bilanziert,
weil die Finanzmodelle bislang versagen?
Die Weiterentwicklung unserer Bewertungsmethoden ist eine wesentliche Frage,
die sich meiner Ansicht nach stellt.
----------------Zitat Ende ---------------------------------------------------------------------------------
Die Krise kommt exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem die unausgereiften "Fair Value"-Methoden
(eine Bewertungsvariante, die in Deutschland, dort als "gemeiner Wert" bekannt, bereits
1884, nach massivem Gründungsbetrug, überwunden wurde) gerade in der Bilanzierungspraxis
"eingeübt" werden.
Marktpreise, die nicht existieren, können auch nicht mittels Formeln simuliert werden.
"Der Markt" trifft keine Entscheidungen, diese treffen stets nur Individuen.
"Der Markt" schlechthin existiert nicht einmal, sondern immer nur eine konkrete Ausprägung
einer Vielzahl unterschiedlicher Martvarianten (von der atomistischen Konkurrenz bis zum
Monopol). Daher sind "Marktwerte" auch unbrauchbar, weil jeder Markt andere
Rahmenbedingungen aufweist und Preise auf jedem Markt anders zustande kommen.
Sind diese wirtschaftlichen Binsenweisheiten für Standardisierer wirklich zu kompliziert?
Aus dem BAWAG-Prozess:
Waren die HGB-Wahlrechte wirklich so flexibel eine Aufwertung auf den
24fachen Wert oder aber eine Abschreibung auf Null gleichermaßen zu decken??
Zitat zum Casino Jericho: "Während die BAWAG ihren Casino-Anteil im Jahresabschluss 2001
von fünf auf 120 Mio. Euro enorm aufwertete, wurde im selben Jahr bei den Casinos Austria
der Jericho-Anteil auf null abgeschrieben. Leutgeb erklärte, die Casinos Austria würden
immer eine "vorsichtige" Bilanzierungsstrategie verfolgen. "
Psychologen beweisen:
Bei Kontrollverlust nimmt das menschliche Gehirn in zufälligen Bildern Muster wahr!
Zitate:
"Bei der Untersuchung von Aberglauben unter Sportlern sei ihr aufgefallen, dass vor allem
diejenigen zu merkwürdigen Ritualen neigten, deren Erfolg im Spiel oder im Wettkampf
stark vom Zufall abhänge, erläutert Jennifer Whitson. Daraus sei dann die Vermutung
entstanden, es könne einen allgemeinen, grundlegenden Zusammenhang zwischen
Kontrolle und der Wahrnehmung von Mustern jeder Art geben."
"Anschließend zeigten die Forscher den Probanden unter anderem Bilder aus schwarzen
und weißen Punkten, die in einigen Fällen ein Motiv wie ein Pferd oder ein Boot bildeten,
in anderen jedoch zufällig verteilt waren. Hatten die Teilnehmer das Gefühl, die Situation
nicht kontrollieren zu können, sahen sie in den reinen Punktansammlungen überdurchschnittlich
häufig Gegenstände, zeigte die Auswertung. Zudem neigten sie eher dazu, abergläubische
Rituale mit dem Ergebnis einer Situation zu assoziieren, Verschwörungen zwischen anderen
Personen zu wittern oder Muster in zufällig ausgewählten Börsendaten zu erkennen."
Das US-amerikanische Rechnungswesen ist bereits im Rahmen der Dot-Com-Blase in
sich zusammengebrochen. Dies wurde von US-Wissenschaftlern auch unumwunden eingestanden.
Die zusammengebrochenen Banken konnten nur wenige Tage vor ihrem Zusammenbruch
noch Bilanzen mit UNEINGESCHRÄNKTEN TESTATEN veröffentlichen. Die Prüfungshonorare
jener Banken, die die größten Vermögen vernichteten, waren am höchsten! Erhalten die
Abschlussprüfer Schweigegeld von Pleitefirmen??