mangel nr. 40
Die theoretischen Grundannahmen der Kapitalmarkttheorie und der externen Rechnungslegung sind nicht kompatibel!
Dieses Argument steht zwar ziemlich am Ende dieser Liste, ist aber, aus wissenschaftlicher Sicht, wohl eines der schwergewichtigsten. Nach der gängigen Kapitalmarkttheorie sind Kapitalmärkte "informationseffizient", d.h. der Markt insgesamt besitzt immer die vollkommene Information, kein einzelner Marktteilnehmer kann durch seine Information den Markt "überlisten". Dies bedeutet aber auch, dass jede Information, die zugleich allen Marktteilnehmern mitgeteilt wird, eben dadurch sofort für alle Marktteilnehmer wertlos wird, da sie ja von keinem vorteilhaft verwendet werden kann.
Hierin liegt der fundamentale Widerspruch zur "Theorie der externen Rechnungslegung": wenn der Kapitalmarkt ohnehin schon über die vollkommene Information verfügt, wozu benötigt er dann noch akribisch erstellte und geprüfte Bilanzen?
Oder: welchen Wert besitzen Bilanzen, wenn sie zeitgleich für alle Marktteilnehmer publiziert werden (nach der Kapitalmarkttheorie doch offenbar den Wert Null - wie ist das mit ihren Kosten zu vereinbaren??).
Dieser Widerspruch ist natürlich nicht erst heute und auch nicht von mir aufgedeckt worden - schon1970 schrieb Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung: Lehrbuch der Investitions-, Finanzierungs- und Ungewißheitstheorie") wie folgt (Zitat aus der 5. Auflage aus 1980, S 561):
"Die bisherigen Tests liefern einen zusätzlichen empirischen Beleg für die schon aus entscheidungslogischen Gründen fragwürdige Behauptung: Der Jahresabschluß insgesamt und der Periodengewinn im besonderen erfülle eine Informationsfunktion (Indikatorfunktion). ... Die betriebswirtschaftliche und juristische Erörterung der Aufgaben des Jahresabschlusses ist ein Trauerspiel, weil immer noch ungeklärte Begriffe (Informationsfunktion) und nichtssagende Phrasen (Periodenverursachung, Periodengerechtigkeit) das Schrifttum beherrschen. Die Behauptung, dem Jahresabschluß komme eine Informationsfunktion zu, ist inhaltsleer, solange nicht gesagt wird, über was genau der Jahresabschluß Wissen vermitteln soll. Informationsfunktion des Jahresabschlusses heißt zunächst nichts anderes als: Der Jahresabschluß enthält Nachrichten, wie jedes beschriebene Blatt auch; ob die Nachrichten überhaupt sinnvoll sind und welchen Sinn sie haben, bleibt ungesagt. Gemeint ist mit der Informationsfunktion des Jahresabschlusses eine Aussage über die künftige "wirtschaftliche Lage" des Unternehmens. Aber bei einer solchen Verdeutlichung wird nur ein nichtssagender Begriff (Informationsfunktion) durch einen in gleicher Weise ungeklärten (wirtschaftliche Lage) ersetzt."
Weiter derselbe, im selben Werk auf S 561 f.:
"Nachdem selbst Planbilanzen und Gewinnprognosen keinen begründeten Anspruch erheben können, mit hoher (quantitativer) Wahrscheinlichkeit über das künftig zu Erzielende unterrichten zu können, erscheint es von vornherein als Täuschung Gutgläubiger, dies von dem mit zahlreichen Unzulänglichkeiten behafteten gegenwärtigen handelsrechtlichen Jahresabschluß zu erhoffen."
Und auf S 562:
"Gerade an dieser Prognosekraft des publizierten Jahresabschlusses fehlt es, wenn auf dem Kapitalmarkt der Realität halbstrenge Informationseffizienz herrscht. ... Die behauptete Informationsfunktion des Jahresabschlusses existiert nur dann, wenn die zu messenden Vergangenheitstatsachen eine Prognose auf die Zukunft erlauben, denn die Gewinnermittlungsregeln selbst (...) schaffen keinerlei zusätzliches Wissen über die Wirklichkeit. Das Finden von Gewinnermittlungsregeln ist keine erklärende Hypothesen suchende und prüfende empirische Forschung, sondern logische Gedankenarbeit bei Beachtung empirischer Messungsschwierigkeiten."
Solange Jahresabschlüsse ZUGLEICH MEHREREN ZWECKEN DIENEN sollen (nämlich einerseits Bemessung des Gewinns für die Ausschüttungen, andererseits Bemessung des Gewinns für die Besteuerung, drittens die Darstellung des Vermögens und der Schulden zum Gläubigerschutz und viertens Informationsgrundlagen zur Zukunftsprognose der Investoren) wird dies natürlich nicht gelingen.
Dazu meint Dieter Schneider auf S 564:
"Zu dem Tatsachenwissen, über das Jahresabschlüsse unterrichten sollen, gehört in erster Linie die Ermittlung des Einkommens als besteuerbarer und ausschüttungsfähiger Betrag. Der Periodengewinn eines abgelaufenen Jahres ist keine unmittelbar beobachtbare (zu messende) Größe, er ist vielmehr eine "theoriebeladene" Tatsachenfeststellung."
Was soll man nun davon halten? Diese Aussagen sind seit nunmehr 35 Jahren bekannt (publiziert) und werden überall (von der Gesetzgebung, den "Standard Settern" und sogar in der universitäten Ausbildung) zumeist einfach ignoriert - man gaukelt allen Beteiligten die "Wissenschaftlichkeit" des konventionellen Modelltyps vor!
Diesen Argumenten, so klar und einfach verständlich sie hier formuliert sind, ist übrigens nie inhaltlich entgegnet worden.
Prof. Dieter Schneider, der im Jahr 2000 emeritierte, war übrigens weder Steuerberater noch Wirtschaftsprüfer.....
Dieses Argument steht zwar ziemlich am Ende dieser Liste, ist aber, aus wissenschaftlicher Sicht, wohl eines der schwergewichtigsten. Nach der gängigen Kapitalmarkttheorie sind Kapitalmärkte "informationseffizient", d.h. der Markt insgesamt besitzt immer die vollkommene Information, kein einzelner Marktteilnehmer kann durch seine Information den Markt "überlisten". Dies bedeutet aber auch, dass jede Information, die zugleich allen Marktteilnehmern mitgeteilt wird, eben dadurch sofort für alle Marktteilnehmer wertlos wird, da sie ja von keinem vorteilhaft verwendet werden kann.
Hierin liegt der fundamentale Widerspruch zur "Theorie der externen Rechnungslegung": wenn der Kapitalmarkt ohnehin schon über die vollkommene Information verfügt, wozu benötigt er dann noch akribisch erstellte und geprüfte Bilanzen?
Oder: welchen Wert besitzen Bilanzen, wenn sie zeitgleich für alle Marktteilnehmer publiziert werden (nach der Kapitalmarkttheorie doch offenbar den Wert Null - wie ist das mit ihren Kosten zu vereinbaren??).
Dieser Widerspruch ist natürlich nicht erst heute und auch nicht von mir aufgedeckt worden - schon1970 schrieb Dieter Schneider ("Investition und Finanzierung: Lehrbuch der Investitions-, Finanzierungs- und Ungewißheitstheorie") wie folgt (Zitat aus der 5. Auflage aus 1980, S 561):
"Die bisherigen Tests liefern einen zusätzlichen empirischen Beleg für die schon aus entscheidungslogischen Gründen fragwürdige Behauptung: Der Jahresabschluß insgesamt und der Periodengewinn im besonderen erfülle eine Informationsfunktion (Indikatorfunktion). ... Die betriebswirtschaftliche und juristische Erörterung der Aufgaben des Jahresabschlusses ist ein Trauerspiel, weil immer noch ungeklärte Begriffe (Informationsfunktion) und nichtssagende Phrasen (Periodenverursachung, Periodengerechtigkeit) das Schrifttum beherrschen. Die Behauptung, dem Jahresabschluß komme eine Informationsfunktion zu, ist inhaltsleer, solange nicht gesagt wird, über was genau der Jahresabschluß Wissen vermitteln soll. Informationsfunktion des Jahresabschlusses heißt zunächst nichts anderes als: Der Jahresabschluß enthält Nachrichten, wie jedes beschriebene Blatt auch; ob die Nachrichten überhaupt sinnvoll sind und welchen Sinn sie haben, bleibt ungesagt. Gemeint ist mit der Informationsfunktion des Jahresabschlusses eine Aussage über die künftige "wirtschaftliche Lage" des Unternehmens. Aber bei einer solchen Verdeutlichung wird nur ein nichtssagender Begriff (Informationsfunktion) durch einen in gleicher Weise ungeklärten (wirtschaftliche Lage) ersetzt."
Weiter derselbe, im selben Werk auf S 561 f.:
"Nachdem selbst Planbilanzen und Gewinnprognosen keinen begründeten Anspruch erheben können, mit hoher (quantitativer) Wahrscheinlichkeit über das künftig zu Erzielende unterrichten zu können, erscheint es von vornherein als Täuschung Gutgläubiger, dies von dem mit zahlreichen Unzulänglichkeiten behafteten gegenwärtigen handelsrechtlichen Jahresabschluß zu erhoffen."
Und auf S 562:
"Gerade an dieser Prognosekraft des publizierten Jahresabschlusses fehlt es, wenn auf dem Kapitalmarkt der Realität halbstrenge Informationseffizienz herrscht. ... Die behauptete Informationsfunktion des Jahresabschlusses existiert nur dann, wenn die zu messenden Vergangenheitstatsachen eine Prognose auf die Zukunft erlauben, denn die Gewinnermittlungsregeln selbst (...) schaffen keinerlei zusätzliches Wissen über die Wirklichkeit. Das Finden von Gewinnermittlungsregeln ist keine erklärende Hypothesen suchende und prüfende empirische Forschung, sondern logische Gedankenarbeit bei Beachtung empirischer Messungsschwierigkeiten."
Solange Jahresabschlüsse ZUGLEICH MEHREREN ZWECKEN DIENEN sollen (nämlich einerseits Bemessung des Gewinns für die Ausschüttungen, andererseits Bemessung des Gewinns für die Besteuerung, drittens die Darstellung des Vermögens und der Schulden zum Gläubigerschutz und viertens Informationsgrundlagen zur Zukunftsprognose der Investoren) wird dies natürlich nicht gelingen.
Dazu meint Dieter Schneider auf S 564:
"Zu dem Tatsachenwissen, über das Jahresabschlüsse unterrichten sollen, gehört in erster Linie die Ermittlung des Einkommens als besteuerbarer und ausschüttungsfähiger Betrag. Der Periodengewinn eines abgelaufenen Jahres ist keine unmittelbar beobachtbare (zu messende) Größe, er ist vielmehr eine "theoriebeladene" Tatsachenfeststellung."
Was soll man nun davon halten? Diese Aussagen sind seit nunmehr 35 Jahren bekannt (publiziert) und werden überall (von der Gesetzgebung, den "Standard Settern" und sogar in der universitäten Ausbildung) zumeist einfach ignoriert - man gaukelt allen Beteiligten die "Wissenschaftlichkeit" des konventionellen Modelltyps vor!
Diesen Argumenten, so klar und einfach verständlich sie hier formuliert sind, ist übrigens nie inhaltlich entgegnet worden.
Prof. Dieter Schneider, der im Jahr 2000 emeritierte, war übrigens weder Steuerberater noch Wirtschaftsprüfer.....